Rumänien bleibt Schlusslicht unter den EU-Anwärtern, darf aber auf NATO-Mitgliedschaft hoffen. Der Beitritt zur EU und NATO gehören seit dem Sturz des Kommunismus zu den wichtigsten außenpolitischen Zielen Rumäniens. Während die Perspektive des EU-Beitritts weiter in die Ferne gerückt ist, darf Bukarest in der NATO-Frage beim Gipfeltreffen in Prag in November womöglich mit einer Beitrittseinladung rechnen.
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Spätestens seit dem EU-Gipfel in Laeken, wo angekündigt wurde, dass zehn der zwölf Kandidatenländer hoffen können, in einer ersten Erweiterungswelle aufgenommen zu werden, ist klar, dass Rumänien - zusammen mit Bulgarien - auf eine Einladung zum EU-Beitritt weiter warten muss. Offiziell hat sich Rumänien das Jahr 2007 als möglichen Beitrittstermin vorgenommen. Realisten rechnen eher mit frühestens 2010.
Rumänien hat in Brüssel 17 der 31 Verhandlungskapitel geöffnet, davon sind neun abgeschlossen. Die linksdemokratische Regierung des Landes will im Laufe dieses Jahres alle ausstehenden Verhandlungskapitel eröffnen. Als großer Erfolg wurde in Bukarest die Aufhebung der Visumpflicht für die Einreise rumänischer Bürger in den Schengener Raum ab 1. Februar 2002 gefeiert. Doch die größten Probleme bereitet nach wie vor die Wirtschaftslage. Rumänien hat noch keine funktionierende Marktwirtschaft. Die Reformen kommen, trotz einiger erfolgreicher Privatisierungen im Vorjahr, nur schleppend voran. Die für 2002 geplante Privatisierung des Mammut-Aluminiumwerkes ALRO-Slatina ist zunächst wegen Formfragen in eine Sackgasse geraten. Für dieses Jahr hat sich die Regierung von Ministerpräsident Adrian Nastase ein Wachstum von 5 Prozent und die Drosselung der Inflation auf 20 Prozent vorgenommen. Tatsächlich wird aber eher mit einem Wachstum von 4,5 Prozent zu rechnen sein.
Die weitverbreitete Korruption wird auch immer wieder als wichtiges Hindernis im Wege des EU- und NATO-Beitritts erwähnt. Mitte Jänner wurde die Gründung einer "Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung der Korruption" bekannt gegeben. Was jedoch in Rumänien fehlt, sind keinesfalls die Behörden, Gremien und Ausschüsse zur Bekämpfung der Korruption, sondern das echte Engagement dazu, da die Korruption die höchsten Etagen der Macht erfasst hat.
Was den Beitritt zur NATO anlangt, könnte Rumänien im November in Prag eingeladen werden, bei der zweiten Erweiterungsrunde dabei zu sein. Von Vorteil für Rumänien ist diesmal - zum Unterschied von der ersten NATO-Erweiterungsrunde - der politische Kontext, da nach dem 11. September die USA an der Erweiterung ihrer Einflusssphäre und der Herstellung breiter Koalitionen mit zuverlässigen Verbündeten interessiert sind. Rumänien beteiligt sich bereits an der "Partnerschaft-für-den-Frieden" und an Friedenserhaltungsmissionen in Bosnien-Herzegowina, Kosovo und nun Afghanistan.
Rumänische Verteidigungsexperten haben 2002 zum "NATO-Jahr" aufgerufen und die Regierung hat einen ehrgeizigen Plan zur Reform der veralteten Strukturen der Streitkräfte erarbeitet. Im laufenden Jahr sollen diese weiter gestrafft werden und die Anzahl der Berufssoldaten soll auf 80 Prozent steigen. Der Verteidigungshaushalt wurde um 1 Milliarde Dollar auf 2,5 Prozent des BIP erhöht. Ob es für die NATO-Aufnahme reichen wird, bleibt abzuwarten.