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Europas Wirtschaft: Per aspera ad astra?

Von Erhard Fürst

Gastkommentare
Erhard Fürst war Leiter der Abteilung Industrie- und Wirtschaftspolitik in der Industriellenvereinigung.

Mehrere jüngst in Gang gekommene Reformen sollten bald Früchte tragen. Es gibt aber noch immer Risiken auf dem steinigen Weg der EU-Wirtschaft.


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"Per aspera ad astra" - diese lateinische Wendung, die sogar als Titel eines Computerspiels gedient hat ("Mafia II"), sagt sinngemäß aus, dass man nur über raue, beschwerliche Wege zu den Sternen gelangt. Tatsächlich bewegt sich die europäische Wirtschaft auf einem schwierigen Krisenpfad. Für 2013 wird ein mickriges Wachstum von wenigen Zehntelprozent erwartet. Die Arbeitslosenrate beträgt deutlich mehr als 10 Prozent.

So wichtig aktuelle Zahlen und kurzfristige Wirtschaftsprognosen auch sind, die entscheidende Frage ist: Wird es Europa gelingen, auf mittlere Sicht (drei bis fünf Jahre) wieder auf einen selbsttragenden Wachstumspfad zurückzukehren, der einen Abbau der Arbeitslosigkeit erlaubt, oder droht eine längerfristige Stagnation?

Grundsätzlich gibt es Anlass für Optimismus. Die Geschichte zeigt, dass es immer wieder einer Krise bedurfte, um auf Basis letztlich unvermeidlicher Strukturreformen einen Neustart zu ermöglichen. Das hat etwa Schweden nach seiner Bankenkrise in den frühen 1990er Jahren gezeigt, aber auch Irland bietet gutes Anschauungsmaterial.

Folgende in Europa in jüngster Zeit - je nach Land unterschiedlich - in Gang gekommene Reformen sollten in den nächsten ein bis zwei Jahren Früchte tragen und positive ökonomische Wirkungen entfalten:

die Rückführung der Budgetdefizite und damit einhergehend der schrittweise Wegfall einer erheblichen Wachstumsbremse;

Reformen der Sozialsysteme, die zumindest für einen bestimmten Zeitraum finanzielle und soziale Stabilität bieten;

die Stabilisierung des Finanzsektors auf nationaler und europäischer Ebene und damit der Abbau von Unsicherheiten und Finanzierungshemmnissen für die Realwirtschaft:

schlankere und effizientere öffentliche Verwaltungen;

flexiblere Arbeitsmärkte, die elastisch auf konjunkturelle und strukturelle Veränderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen reagieren;

leistungsfähigere Unternehmen, die die Zeit genutzt haben, um ihre Unternehmensstrategie zu verändern, unrentable Geschäftsfelder abzustoßen oder neu aufzustellen und ihr Kostenbild deutlich zu verbessern.

Dieses positive Grundszenario wird allerdings durch drei Risikofaktoren getrübt:

durch die politische Entwicklung einzelner EU-Mitgliedsländer, in denen die traditionelle politische Mitte und damit die politische Entscheidungsfähigkeit durch Stimmenzuwachs an den Rändern und das Auftreten neuer Parteien geschwächt wird;

durch die zunehmende Beeinträchtigung der EU-Governance als Folge einer Reihe aufbrechender Gegensätze: zwischen dem Norden und dem Süden, zwischen der Gruppe der Euroländer und den restlichen EU-Ländern, innerhalb der deutsch-französischen Achse sowie zwischen EU-Institutionen (inklusive EZB);

und nicht zuletzt durch sträflich vernachlässigte Zukunftsinvestitionen (Bildung. Forschung, Infrastruktur) im Rahmen der unpopulären Budgetkonsolidierung.

Stupid, it’s policy.