Zweiter Europatag im Parlament. | Schüler enttäuscht. | Wien.Die Europatage im Parlament dürften unter keinem guten Stern stehen. Zweck dieser Tage, die vier mal im Jahr stattfinden sollen, ist laut Nationalratspräsident Andreas Khol der Bevölkerung die Europäische Union näher zu bringen.
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Doch schon beim ersten Europatag am 29. September wurde lieber über Wahlkampfthemen gesprochen als sich mit Europa auseinanderzusetzen. Auch diesmal stand im Plenum am Mittwoch das eigentliche Thema "Das Legislativprogramm der Europäischen Kommission" nicht zur Debatte. Die Nationalratsabgeordneten diskutierten ganz allgemein über die EU.
SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer betonte, dass die EU nur dann mehr Akzeptanz bei den Bürgern gewinnen werde, wenn es gelinge, die Arbeitslosigkeit zu reduzieren. Vizekanzler Hubert Gorbach verordnete im Bezug auf den Briten-Rabatt "Flexibilität", "auch wenn es nicht immer leicht ist, das dem eigenen Land klarzumachen", sagte er in Richtung Großbritanniens Premier Tony Blair. Für Kopfschütteln bei den Grünen sorgte er mit seiner Einladung parteiübergreifende Gespräche im Hinblick auf Österreichs EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2006 zu führen. Auch SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim konnte sich einen Zwischenruf in Bezug auf Gorbachs Tempo-160-Forderung nicht verkneifen: "Wir wollen nicht gemeinsam schnell fahren, Herr Vizekanzler."
Subsidiaritätskonferenz
Einig waren sich SPÖ, Grüne und Freiheitliche dabei in ihrer Ablehnung des Budget-Vorschlags des britischen EU-Vorsitzes. Dass Khol nach den ersten Reden die Abgeordneten aufforderte, mehr auf das eigentliche Thema einzugehen, blieb ungehört. Der außenpolitische Sprecher der ÖVP, Michael Spindelegger, nutzte den Tadel darauf hinzuweisen, wie die einstige Europapartei SPÖ abgeglitten sei. Die Volkspartei werde hingegen beim EU-Vorsitz mit Initiativen für den Mittelstand und einer Subsidiaritätskonferenz aufwarten.
Die Schüler in der obersten Galerie des Sitzungssaales waren verwirrt. "Da kriegst du ja nichts mit", beschwerte sich etwa die 18-jährige Melanie von der Handelsschule in Neunkirchen. Darüber, dass die Abgeordneten, während jemand spricht Zeitung lesen oder plaudern, wunderte sich Claudia, ebenfalls Schülerin aus Neunkirchen. Was sie mitgenommen haben von der Europa-Debatte? "Nicht viel, nur dass Grünen-Chef Alexander van der Bellen meinte, dass Tempo 160 schlecht für die Umwelt sei." Mehr Information zur EU, wünscht sich auch ihre Lehrerin Johanna Jahrl: "Die EU-Themen sind im Unterricht nicht leicht zu vermitteln. Die Europatage sind wenig hilfreich."