Helsinki - In Finnlands Hauptstadt haben sich dieser Tage die Vertreter von Roma-Organisationen und Gemeinden aus 13 Staaten der EU für die Gründung einer gesamteuropäischen Roma-Versammlung ausgesprochen. Sie unterstützen damit einen Vorschlag der finnischen Staatspräsidentin Tarja Halonen. Die soziale Lage der Roma in Europa ist immer noch von Unverständnis und Diskriminierung gekennzeichnet.
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Halonen hatte beim Europarat in Straßburg im letzten Januar die Einrichtung eines solchen Gremiums beantragt. In den vergangenen Tagen tagte nun der Roma-Auschuss des Rats in der finnischen Hauptstadt. Zugleich fand in Helsinki eine Konferenz über die Integration der Roma in die Europapolitik statt.
"Die Roma sind sehr verschiedener Herkunft, sie alle aber haben Missbrauch, Verfolgung und Diskriminierung erlebt", sagte Josephine Verspaget, die Vorsitzende des Ratsausschusses. Ihren Höhepunkt habe die traurige Geschichte der so genannten Zigeuner mit der Ermordung von mehr als 500.000 Roma in Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg erreicht. Auch nach 1945 ist die Diskriminierung nicht zu Ende gegangen. So wurden in den 1960er und 1970er Jahren in Schweden Zwangssterilisierungen durchgeführt. In der Schweiz riss man die Kinder von Roma aus ihren Familien, und in den Niederlanden wurde die Minderheit aus den Städten vertrieben. Auch waren die Roma die Hauptleidtragenden der Konflikte im Mittel- und Südosteuropa in den 1990er Jahren. Bislang, so Verspaget, hätten zwischenstaatliche Organisationen wie der Europarat oder die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sehr wohl auf das Leid der Roma in den ärmeren Regionen hingewiesen, selten aber auf ihre schwierige Situation in den reicheren europäischen Ländern. So hätten Roma beispielsweise in Großbritannien auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt und im Bildungsbereich mit Diskriminierung zu kämpfen.
Kampf um Akzeptanz
Finnland stellt eine Ausnahme dar, wo eigene Bildungsgesetze den Roma das Recht auf eigene Kultur und Sprache zu. Selbst aber sind die Roma in dem nordeuropäischen Land nach Angaben ihrer Sprecherin Miranda Vuolasranta noch immer nicht voll akzeptiert. Sie wertet den Vorschlag zu Einrichtung einer Roma-Versammlung als hoffnungsvollsten Versuch, dies in ganz Europa zu ändern. "Die Idee ist sehr gut, die Integration der Roma in Europa lässt noch immer sehr zu wünschen übrig", sagte sie in der letzten Woche in Helsinki. Ein offizielles Roma-Gremium auf europäischer Ebene könnte da vieles ändern.
Sehr zufrieden zeigten sich auch die Vertreter internationaler Roma-Organisationen. "Wir haben lange auf eine solche Initiative gewartet", betonte der Vizepräsident der 'International Romani Union', Stanislaw Stankewitsch. Die Roma hätten weder politisches noch wirtschaftliches Gewicht, deshalb seien sie auf eine Lobby angewiesen.
Vorerst hat der Roma-Ausschuss des Europarats Treffen mit Roma- Gruppen aus ganz Europa beschlossen, um herauszufinden, wie genau eine europäische Roma-Vertretung zusammengesetzt sein und arbeiten könnte.