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Europe first - zumindest am Finanzmarkt

Von Sarah Yolanda Koss

Wirtschaft

Creditreform Rating AG bewertet Österreich und Europäische Zentralbank.


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Wien. Die deutsche Agentur Creditreform vergibt Bewertungen zur Zahlungsfähigkeit von Banken, Unternehmen und Ländern. Österreich wurde mit AA+ beurteilt und verpasst damit nur knapp die Besteinstufung. Um diese zu erreichen, müsste sich das Land um die Konsolidierung der Staatsschulden sowie eine positive Arbeitsmarktentwicklung kümmern, hieß es am Mittwoch vor Journalisten. Der Ausblick sei stabil. Momentan komme es zu besonders häufigen Neuorientierungen der Märkte wegen Unsicherheitsherden wie Trump oder Brexit. Länderratings seien demnach von spezieller Relevanz.

Worum es der Creditreform aber eigentlich gehe, sei die Anerkennung als erste europäische Anlegeberatung der Europäischen Zentralbank (EZB). Die EZB übernehme derzeit nur Ratings der drei großen amerikanischen Agenturen Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch. Die Zentralbank sei am Ratingmarkt besonders relevant, da sie Refinanzierungsaufträge an Firmen und Länder vergibt, hieß es. Dazu wolle sie nur Agenturen mit großer Reichweite beschäftigen. Banken und Unternehmen wollten Ratingfirmen aber erst dann engagieren, wenn ihre Papiere durch die EZB akzeptiert und damit refinanziert werden können. Die Diskussion drehe sich also im Kreis.

Abhängigkeit von amerikanischen Märkten

Ein weiterer Wermutstropfen: Die nach der Finanzkrise erstrebte Unabhängigkeit Europas von den amerikanischen Märkten wird durch diesen Prozess zu einem Wunschtraum.

Jene Vorgänge sollten 2013 durch Verordnungen der EU neutraler gestaltet werden. Auf dem Markt hat sich aber nichts verändert. Im Gegenteil, der Anteil der amerikanischen Agenturen am europäischen Rankingmarkt stieg auf 93 Prozent des eine Milliarde Euro schweren Umsatzes. Creditreform-Aufsichtsrat Helmut Rödl wünscht sich eine "Europe first"-Marktausrichtung. Von dieser sei die Wirtschaft weit entfernt. Deswegen fordert er eine gesetzliche Umsetzung der Marktregulierungen. Da die EZB ohnehin zur Annahme von zwei Ratings verpflichtet ist, könnte die Neutralität durch einen Bezug von amerikanischen und europäischen Ratings gefördert werden.

Die Bewertungen europäischer AGs unterschieden sich von anderen etablierten Ratings durch ihre positive Sicht auf den Euroraum, hieß es am Mittwoch weiters. So erhielten etwa Zypern und Griechenland bessere Ergebnisse als üblicherweise. Durch Resultate wie diese steige die Investitionsbereitschaft in diesen Ländern, und die Wirtschaft der europäischen Staaten könne sich schneller erholen.