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Frieden: Rettungspaket für Griechenland über 120 Milliarden Euro. | Pröll: "Griechen müssen Aufgaben auf Punkt und Beistrich erfüllen." | Finanzminister könnten Notkredite endgültig freigeben. | Brüssel. Bisher sind die Euroländer in der Causa Griechenland noch bei jedem Schritt zur Stabilisierung der Lage von den Entwicklungen auf den Finanzmärkten überrannt worden. "Alle Schleusen sind offen, die Situation ist dramatisch", sagte ein hochrangiger Diplomat. Bei ihrem Krisentreffen am Sonntagnachmittag versuchten die Eurofinanzminister das Ruder endlich herumzureißen. Kurz nach Beginn des Treffens kristallisierte sich heraus, dass die Minister die Notkredite daher bereits endgültig freigeben könnten. | Griechenlands Sparpaket ist geschnürt | Details zu Griechenlands Sparprogramm | Kommentar: Europa, reloaded | Taverne und Urlaub adieu | Dossier: Griechenland und die Euro-Krise
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Über die Griechenland-Rettung und die Zukunft des Euro berichten Wolfgang Tucek (Brüssel), Reinhard Göweil (Wien) und Birgit Riezinger (Online).
Deutschland habe die bisherige Forderung von Bundeskanzlerin Angela Merkel nach einem Sondergipfel für
die Absegnung des Pakets aufgegeben, hieß es in Diplomatenkreisen. Weiterhin wurde aber nicht ausgeschlossen, das die Staats- und Regierungschefs einander zu einem Abendessen am Freitag, 7. Mai, treffen
könnten.
Dabei war zum Auftakt des Ministerrats am Sonntagnachmittag noch nicht ganz klar, welche Summe den Griechen die Euroländer gemeinsam mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) für die nächsten drei Jahre zur Verfügung stellen sollen, um die griechische Pleite und eine Katastrophe für den Euro zu verhindern. Der Luxemburger Budgetminister Luc Frieden sprach von einem Volumen von bis zu 120 Milliarden Euro. In dieselbe Richtung äußersten sich schließlich die französische Finanzministerin Christine Lagarde und ihr belgischer Kollege Didier Reynders. Andere Quellen sprachen von 140 Milliarden. Weder Wirtschaftskommissar Olli Rehn noch andere Minister wollten sich vorerst auf die Frage nach dem Umfang des Pakets einlassen.
Hintergrund der finanziellen Unklarheiten sollen bisher noch nicht ausgenützte 20 Milliarden Euro aus dem griechischen Bankenrettungspaket sein. Die Haftung des griechischen Staats dafür ist derzeit aber freilich wertlos; umstritten war daher noch, ob der Betrag ganz oder teilweise in das Nothilfepaket aufgenommen werden könnte.
"Wir werden die Zahlen heute beschließen", sagte Rehn nur. Er empfehle - wie Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso schon am Vormittag - die Freischaltung des Rettungspakets für Griechenland. Das neue Sparprogramm Athens sei überzeugend, meinte der Finne. Vorrangig sei nun, "dass die
Griechen auf Punkt und Beistrich ihre Aufgaben erfüllen", sagte der österreichische Finanzminister Josef Pröll.
Kein Freibrief für Griechenland
Europa müsse klar machen, dass es keinen Freibrief für Griechenland geben könne. Das müsse die Umsetzung seines Sparprogramms gewährleisten können, damit die Kredite auch wieder zurückgezahlt werden könnten. Die Hilfszahlungen würden daher nur in Tranchen ausgezahlt und nur dann, wenn die Bedingungen dafür erfüllt seien. Das wirtschaftliche und gesellschaftliche System in Griechenland müsse geändert werden.
Klar machte Pröll auch, dass Österreich keinen Alleingang machen werde, und eine gemeinsame Kraftanstrengung der Eurozone notwendig sei. Gerüchte, wonach Finnland nicht am Rettungsmechanismus teilnehmen wolle, entkräftete der finnische Finanzminister Jyrki Katainen. Er verglich die Lage Griechenlands mit der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers und warnte davor, eine Rettung des Landes nicht zu unterstützen. "Wenn Griechenland zusammenbricht, würde das die gesamte Eurozone massiv erschüttern", sagte Katainen.
Woher Portugal das Geld für die Notkredite bekommen solle, sei dagegen sehr wohl vollkommen unklar, hieß es. Die Regierung in Lissabon habe an ihrem Beitrag jedoch bisher keinen Zweifel gelten lassen wollen.
Video: Ankunft der Finanzminister beim Eurogroup-Treffen