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Wachstumsprognose auf 1,2 Prozent gesenkt. | Hohe Ölpreise weiter eine Gefahr. | Brüssel. Die steigenden Ölpreise haben die Eurozone empfindlich getroffen. Gestern, Donnerstag, revidierte die EU-Kommission ihre Prognose: Im laufenden Jahr wird die Wirtschaft nur um 1,2 Prozent wachsen. Die schon magere Erwartung von 1,6 Prozent vom Frühjahr waren zu optimistisch gewesen, hat Währungskommissar Joaquin Almunia bereits zugegeben. Allerdings sei die Talsohle erreicht, beruhigte sein Generaldirektor Klaus Regling. Und die Eurozone sei nur "relativ mäßig" getroffen worden, wenn man bedenke, dass der Ölpreis seit Dezember um 70 Prozent gestiegen sei. Trotzdem ist er noch immer nur halb so hoch wie zur Spitzenzeit in den 1980er Jahren, wenn man die Inflation einrechnet. Außerdem habe sich die Abhängigkeit der Eurozone vom Erdöl in den letzten 30 Jahren halbiert.
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Nach schwachen 0,4 und 0,3 Prozent Wachstum in den ersten beiden Quartalen sieht die Kommission einen Aufschwung auf 0,6 und 0,8 Prozent für das zweite Halbjahr. Dabei bleibe der Ölpreis weiter ein Risiko, warnte Regling. Unter 60 Dollar pro Fass werde er in absehbarer Zeit nicht sinken. In den Kommissionsberechnungen wird von durchschnittlich 67 Dollar ausgegangen. Die Auswirkungen würden dann 2006 nur noch halb so schlimm: Minus 0,2 Prozent.
Entscheidend sei, dass "der Optimismus nach dem Einbruch im zweiten Quartal wieder zurückkehrt", erklärte der Kommissionsbeamte. Das belegten Erhebungen seiner Behörde und des deutschen Ifo-Instituts. Auch die Industrieproduktion habe nun angezogen.
Streit um Industrie
Europas Industrie stehe in der Tat nicht schlecht da, hatte Industriekommissar Günter Verheugen bereits am Vortag erklärt. Sie beschäftige rund 34 Millionen Menschen, steuere 20 Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung und drei Viertel zu den Exporten der EU bei. Es sei nicht notwendig "die Sirenen anzuwerfen", die Entwicklung in anderen Teilen der Welt lasse aber befürchten, dass sich "die Wettbewerbssituation zu unseren Ungunsten verändern könnte".
Sieben sektorüberschreitende Bereiche sollen innerhalb von zwei Jahren auf ihre Wettbewerbsfähigkeit überprüft und neu ausgerichtet werden. Startschuss ist die Durchforstung der mehr als 80.000 Seiten EU-Gesetzen, insbesondere in den Bereichen Autoindustrie, Bausektor und Abfall. Das genaue Vorgehen will Verheugen noch im Oktober vorstellen.
Es sei an der Zeit, vorausschauend auf die Globalisierung zu reagieren, sagte Verheugen bei der Präsentation seiner neuen EU-Industriepolitik. Dies dürfe aber nicht durch Abschottung, Protektionismus oder Subventionen passieren, beharrte er.
Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac hatte zuvor der EU - vor dem Hintergrund der Streiks in seinem Land - vorgeworfen, nichts gegen geplante Stellenstreichungen von Konzernen wie Hewlett-Packard (HP) zu tun. Der HP-Stellenbau trifft in Frankreich 1240 Jobs von europaweit 6000. EU-Kommisionspräsident José Manuel Barroso, der die EU-Kommission nicht zuständig nennt, replizierte, man solle die europäischen Institutionen nicht angreifen.