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Eurozone vor nächster Rezession

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Wirtschaft

Teufelskreis aus Schuldenkrise, Vertrauenseinbruch und Kreditklemme.


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Brüssel. EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn ließ es nicht an Deutlichkeit fehlen: "Die Aussichten sind düster", sagte er am Donnerstag bei der Präsentation seiner "Herbstprognosen" für die kommenden zwei Jahre. "Das Wachstum in Europa ist zum Stillstand gekommen, und es besteht das Risiko einer neuen Rezession, wenn wir nicht entschiedene Gegenmaßnahmen ergreifen."

Seit dem vorigen Wirtschaftsausblick im Mai habe sich die Situation deutlich verschlimmert, so Rehn. Statt um 1,8 Prozent werde die Wirtschaft der Eurozone kommendes Jahr nur noch um 0,5 Prozent wachsen, die der EU um 0,6 Prozent. Auch die Voraussagen für Österreich wurden von 2 auf 0,8 Prozent mehr als halbiert (siehe Artikel unten). Die Arbeitslosigkeit bleibt in der EU mit rund 10 Prozent hoch, die Staatsschulden steigen weiter.

Grund für die negativen Entwicklungen sind laut Rehn ein drastischer Vertrauenseinbruch, der Investitionen und Konsum beeinträchtigt, die nachlassende Weltkonjunktur, die den Welthandel dämpft, und die schwächere Binnennachfrage wegen der laufenden Budgetkonsolierungen in der EU - also der massiven staatlichen Sparprogramme.

Unsicherheiten nehmen zu

Wegen der zunehmend unsicheren Lage am Finanzsektor schränken die Banken ihre Kreditvergabe voraussichtlich ein, was Investitionen und Konsum zusätzlich drückt. "Die nachlassende Realwirtschaft, die labilen öffentlichen Finanzen und der anfällige Finanzsektor scheinen sich in einem Teufelskreis gegenseitig zu beeinträchtigen", fassen Rehns Beamte zusammen. Die für heuer noch positive Wachstumsprognose für die Eurozone von 1,5 Prozent kann nicht über die Dramatik der Situation hinwegtäuschen. Nach einem Einbruch im Sommer sind für die Eurozone im letzten Quartal 2011 minus 0,1 Prozent und im ersten Quartal 2012 ein Nullwachstum angesagt.

Wachstum bleibt kraftlos

Bei der geringsten negativen Abweichung wäre die Rezession - ein Minus über zwei Quartale - wieder da. Und "die Risiken weisen eindeutig nach unten", sagte Rehn. So könnten die Turbulenzen auf den Finanzmärkten schlimmere Auswirkungen auf die Realwirtschaft haben, die Sparkurse die Binnennachfrage massiver drücken, die Staatsschuldenkrise härter werden und der Welthandel mehr nachlassen als erwartet.

Selbst die ab Mitte 2012 wieder allmählich wachsende Wirtschaft habe nicht genug Kraft, um neue Arbeitsplätze zu schaffen, meinte Rehn - die Lage in den Mitgliedsländern der EU ist aber sehr unterschiedlich. Am schlimmsten ist die Situation in Spanien und Irland mit einer Arbeitslosenquote von 20 und mehr als 18 Prozent. Deutschland, Österreich, Belgien und Polen haben dagegen trotz Krise geringere Arbeitslosenzahlen als 2005.

Negativrekordhalter bei den Staatsschulden ist mit großem Abstand Griechenland, das seine Außenstände nächstes Jahr auf fast 200 Prozent seiner Wirtschaftsleistung ausgebaut hätte. Noch nicht einberechnet ist allerdings das Ende Oktober auf den Weg gebrachte zweite Rettungspaket für die Griechen. Elemente wie der tatsächliche Schuldenschnitt seien schließlich noch nicht fertig verhandelt und ausgearbeitet, erklärte ein Kommissionsexperte.

"Längere Schwächephase"

Hinter Griechenland rangieren Irland und Italien mit einer Staatsschuldenquote von rund 120 Prozent des BIP und Portugal mit gut 110 Prozent. Griechenland und Portugal sind es auch, die 2012 tief in der Rezession stecken bleiben. Ihre Wirtschaften sollen um 2,8 und 3 Prozent schrumpfen.

Keine "dramatischen" kurzfristigen aber maßgebliche mittel- und langfristige Auswirkungen ortet Rehn durch die steigenden Zinsen für Italiens Staatsschulden. Ein Anstieg um einen Prozentpunkt würde Mehrausgaben von 0,2 Prozent der italienischen Wirtschaftsleistung für die Refinanzierung von fälligen Staatsanleihen für 2012 und 0,4 Prozent für 2013 bedeuten. In drei Jahren würde das Wachstum um ein Prozent gedrückt.

Differenzierter als Rehn äußerte sich am Donnerstag übrigens der scheidende Chefökonom der Europäischen Zentralbank, Jürgen Stark. Zwar steuere die Eurozone auf eine "längere Schwächephase" zu, meinte er. Von der Gefahr einer Rezession zu sprechen, sei allerdings verfrüht.