Kommission will Konzept vorlegen. | Rehn: EWF nicht als Hilfe für Griechen. | Bereitschaft für mehr Kontrolle der nationalen Konten? | Brüssel. Die EU soll aus der Griechenland- und Eurokrise lernen. Daher wolle die Kommission demnächst die Etablierung eines Europäischen Währungsfonds (EWF) vorschlagen, der Ländern der Eurozone im Falle von Zahlungsschwierigkeiten helfen soll, erklärte der Sprecher von Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn am Montag. Allfällige Hilfestellungen würden mit strengen Auflagen verknüpft, von der Idee her könnte der Internationale Währungsfonds (IWF) als Vorbild dienen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Parallel werde ein Strategiepapier vorgelegt, das Empfehlungen für eine bessere wirtschaftliche Koordination und Überwachung der Mitglieder der Währungsunion beinhalte. Jedenfalls noch während des spanischen EU-Vorsitzes bis Ende Juni solle das Konzept stehen.
Vertragsänderung nötig?
Der neue Fonds sei nicht als Hilfestellung für Griechenland zu verstehen, sagte Rehns Sprecher. Vielmehr soll eine Situation wie jene mit dem finanziellen Absturz der Griechen in Zukunft verhindert werden. Details über die Konstruktion wollte er nicht nennen - auch nicht, ob es sich um eine ganz neue Institution handeln soll oder eine Änderung des gerade erst in Kraft getretenen Lissabonner Vertrags nötig wäre. Es gebe eine intensive Diskussion mit den Staaten der Eurozone und der Europäischen Zentralbank (EZB), erklärte er. Auch, ob sich die Hilfen des EWF auf die Euroländer beschränken würden, blieb offen. Für die Nicht-Euroländer in der EU gibt es allerdings bereits die Möglichkeit von Zahlungsbilanzhilfen: Eine spezialisierte Abteilung der EU-Kommission darf für sie Geld am Finanzmarkt aufnehmen, wie in den Fällen Ungarn, Rumänien und Lettland bereits geschehen.
Dass die Idee eines EWF aufgegriffen wird, begrüßt Daniel Gros, Direktor des Brüssler Think Tanks "Centre for European Policy Studies" (Ceps), im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Entweder könne eine Gruppe von Mitgliedsstaaten im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit vorangehen und dürfte auch die EU-Institutionen dafür nutzen. Oder der EWF finde vorerst außerhalb der EU-Strukturen statt. Dazu brauche es keine Vertragsänderung. Die Schengen-Initiative habe genauso jahrelang unabhängig funktioniert.
Die entscheidende Frage ist freilich, wie viel Geld in so einen europäischen Notkreditfonds eingespeist werden müsse: "Im Idealfall gar nichts, zur Not einige 100 Milliarden Euro", gibt sich Gros vage. Wesentlich sei jedoch, dass jene Länder, die ein größeres Risiko für die Währungsunion darstellen, auch mehr einzahlen müssten, meint Experte Gros zur Perspektive.
Für die gegenwärtige Krisensituation sei es bereits "etwas spät." Den Griechen bleibe wohl nur noch "eine organisierte Plan insolvenz." Mit Kreditlinien der stärkeren Euroländer müsse der Zusammenbruch verhindert werden. Kein Hindernis dafür sei der berühmte Artikel 125 des Lissabon-Vertrags, der die Übernahme der Haftung für Schulden von Euroländern durch andere Euromitglieder verbietet. Es handle sich eben um keine Haftung, sondern darum, im Fall der Insolvenz griechische Anleihen aufzukaufen, meint Gros. So könne die Angelegenheit "geordnet mit einem nur sehr geringen Schaden auf den Finanzmärkten" ablaufen.
Skepsis bei der EZB
Der Ökonom ist der Politik damit etliche Schritte voraus. Zwar könnte schon das Treffen der EU-Finanzminister nächste Woche Hinweise auf Hilfsmaßnahmen für Griechenland geben. Auch besteht grundsätzliche Bereitschaft zur Ausweitung der Kontrolle nationaler Konten durch die EU-Statistikbehörde Eurostat. Doch ist unklar, wie der EWF funktionieren soll.
Ablehnung kommt von EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark: Jedes Land hafte für seinen öffentlichen Haushalt und damit für seine Schulden selbst. "Ein Währungsfonds wäre der Start eines europäischen Finanzausgleichs, der sehr teuer werden und Staaten mit solideren öffentlichen Finanzen belasten könnte." Finanzpolitischer Schlendrian würde weitergehen.