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Die EVN will in Bulgarien weiter wachsen, indem sie Strom künftig selbst produziert. Im Jänner konnte der niederösterreichische Versorger die zwei Stromverteiler, ERP Plovdiv und ERP Stara Zagora, erwerben. Als nächster Schritt soll nun auch in Kraftwerke, sowohl in neue als auch in bestehende Anlagen, investiert werden. Die EVN will damit 40 bis 60% des Stroms selbst herstellen und die Abhängigkeit vom staatlichen Stromversorger NEK, der die Preise diktiert, reduzieren.
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Eigentlich stand Bulgarien nicht an erster Stelle der Akquisitionsliste, gesteht EVN-Vorstand und Aufsichtsratsvorsitzender der bulgarischen Töchter, Peter Layr. Doch da die Bemühungen um die ZSE, die Stromgesellschaft in Bratislava - obwohl die EVN das höchste Angebot vorlegte - erfolglos verliefen und der deutsche Stromriese E.ON den Zuschlag bekam, musste sich die EVN nach einem anderen Objekt umsehen. Da kam es gerade recht, dass Bulgarien seine Stromverteiler zur Privatisierung ausschrieb.
Abermals hatten die Niederösterreicher E.ON als Konkurrenten, aber auch der tschechische Stromkonzern CEZ wollte nicht leer ausgehen. Alle drei sind seit Anfang des Jahres für die Stromverteilung an Haushalte, Gewerbe und Industrie zuständig.
Die EVN musste für die zwei Drittel an den Netzgesellschaften ERP Plovdiv und Stara Zagora 271 Mio. Euro hinblättern. Beide Unternehmen zusammen haben mehr als 4.000 Mitarbeiter und versorgen 1,5 Millionen Kunden. Derzeit muss der Strom noch zu vorgeschriebenen Preisen von der bulgarischen NEK bezogen werden.
Auch verlangt die NEK für das Versorgungsgebiet Plovdiv mit 870.000 Kunden wegen der besseren Qualität des Leitungsnetzes einen höheren Strompreis, was wiederum das operative Ergebnis (EBIT) 2004 der Gesellschaft auf 5,5 Mio. Euro drückte, wie Layr im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" erklärt. In der Region Stara Zagora mit 664.000 Kunden war das EBIT mit 11,5 Mio. Euro doppelt so hoch.
Das Geld soll gegen den Willen des Staates, der noch zu einem Drittel Eigentümer an den Stromverteilern ist, in den Unternehmen bleiben und für neue Projekte zur Verfügung stehen. So sollen in den nächsten Jahren sowohl neue Kraftwerke gebaut, als auch alte erworben werden. Zweiteres könnte sich jedoch als schwierig erweisen, haben doch nun auch die Russen Bulgarien als attraktiven Standort für die Stromerzeugung entdeckt. So berichtet Layr vom Preiskampf um das Kohlekraftwerk in Varna. Das niedrigste Anbot lag bei 100.000 Euro, das höchste der Russen, bei 300 Mio. Euro. Bestbieter war die bulgarische Gazprom-Tochter Overgas, die das Kraftwerk als wichtige strategische Investition sieht und um jeden Preis will. Die Anlage soll umgerüstet und mit russischem Gas betrieben werden. Bei solchen Summen könnten die Niederösterreicher nicht mithalten, so Layr.
Stromverluste plagen EVN
Zu schaffen machen der EVN auch die Stromverluste. In Plovdiv liegen sie bei knapp 20%, in Stara Zagora bei 13,5%. Diese sind zum einen auf manipulierte oder alte Zähler, aber auch uneinbringbare Forderungen zurückzuführen. Das Problem müsse so rasch als möglich in den Griff bekommen werden, betont Layr. Zu Beginn müssten etwa 400.000 alte Zähler ausgetauscht und manipulationssicher an die Grundstückgrenzen verlegt werden. Das aufwendige Unterfangen will die EVN abgegolten bekommen. Sie hat eine Zählergebühr von 1,5 Euro beantragt. Derzeit ist der Bulgarien-Vorstand, Stefan Zsyszkowitz mit der Integration der beiden Töchter in den EVN-Konzern beschäftigt. In den nächsten Jahren sollen die beiden Verteiler zusammengelegt werden.