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Ex-Coca-Cola-Manager Fox will Labastida den Rang streitig machen

Von Lisa Adams

Politik

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Mexiko - Seit drei Jahren bereitet sich Vicente Fox auf diesen Tag vor: Am Sonntag will er der Erste sein, der es schafft, die in Mexiko seit 1929 regierende, allmächtige PRI, die diesmal den Kandidaten Francisco Labastida als hoffnungsvollen Nachfolger von Präsident Ernesto Zedillo ins Rennen schickt, in die Opposition zu schicken.

Wahlberechtigt sind 58,8 Millionen der ingesamt knapp über 100 Millionen Mexikaner und Mexikanerinnen. Die Amtszeit beträgt sechs Jahre, wobei laut Verfassung eine unmittelbare Wiederkandidatur verboten ist. Neuer Präsident und Regierungschef wird, wer im ersten und einzigen Wahlgang die Mehrzahl der Stimmen erhält. Im Kongress haben PRD und PAN bereits seit 1997 die Mehrheit.

"Am Sonntag liegt die Demokratie in unserer Hand", rief Fox seinen nahezu 200.000 Anhängern zu, die zur Abschlusskundgebung der Nationalen Aktionspartei (PAN) auf den Zocalo von Mexiko-Stadt kamen, den zentralen Platz vor der wuchtigen Kathedrale aus der spanischen Kolonialzeit. Die Chancen von Fox sind gut: Umfragen zu Folge lagen beide Kandidaten knapp vor den Wahlen bei jeweils rund 40 Prozent. Weit dahinter liegt Cuauhtémoc Cárdenas von der linksgerichteten Partei der Demokratischen Revolution (PDR) mit 17 Prozent. Sollte Fox tatsächlich den Wahlsieg davon tragen, wäre dies der erste friedliche Machtwechsel in der Geschichte Mexikos.

Als Fox im Juli 1997 seine Präsidentschaftskandidatur anmeldete, nahm ihn kaum jemand ernst. Aufgewachsen auf einem Bauernhof im kleinen Bundesland Guanajuato, studierte Fox in der Hauptstadt und arbeitete sich danach bei der mexikanischen Niederlassung von Coca-Cola die Karriereleiter hoch - bis zum Verantwortlichen für das gesamte Mittelamerika-Geschäft des US-Konzerns. Die Politik entdeckte Fox erst 1987. Schon im Jahr darauf wurde er für die konservativ-wirtschaftsliberale PAN in den Kongress gewählt. 1991 verlor er die Gouverneurswahl in Guanajuato - die Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI) sicherte sich damals die Macht noch mit den üblichen Manipulationen.

Vier Jahre später begannen sich die Zeiten zu ändern: 1995 wurde Fox Gouverneur von Guanajuato und ging nun daran, auch im ganzen Land für einen Wechsel zu werben. "Jeden Tag werden wir mehr und mehr!" ruft der 57-Jährige in seinen meist frei gehaltenen Wahlkampfreden aus, zu denen er selten ohne seinen Cowboy-Hut erscheint. Auch den Kandidaten der sozialdemokratischen PRD, Cardenas, hätte er gern auf seine Seite gezogen - doch die politischen Unterschiede zur Partei der Demokratischen Revolution sind weit größer als zur PRI, die ebenfalls für freies Unternehmertum und offene Märkte eintritt.

Dass Fox eine Regierung leiten kann, hat er in Guanajuato gezeigt. Dort war er so klug, den Apparat der PRI nicht völlig umzustürzen, sondern die Bürokraten in seine eigene Regierung einzubinden. Auch für den Fall eines Wahlsiegs hat er angekündigt, Politiker anderer Parteien sowie parteilose Fachleute mit Aufgaben im Kabinett zu betrauen. Manche befürchten deswegen aber auch, dass Fox eine technokratische, sprunghafte Regierung ohne rechten Gestaltungswillen führen könnte. "Fox scheint sehr leicht zu beeinflussen zu sein", sagt die PAN-Expertin am Colegio de Mexico, Soledad Loaeza. "Er ist offenbar bereit, diejenige Meinung zu übernehmen, die gerade die passendste zu sein scheint."