Zum Hauptinhalt springen

Ex-Europapartei ÖVP

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Was die Volkspartei derzeit umtreibt, ist nicht so ganz klar. Mit großer Häme und Aggressivität gingen die Herren Reinhold Lopatka und Johannes Rauch auf das Verhandlungsergebnis zum EU-Budget los. Politisch geht es darum, den Kanzler und SPÖ-Obmann Werner Faymann in der Öffentlichkeit zu desavouieren - Wahlkampf also. Es zeugt von keinem besonders guten Geschmack, ein arbeitswilliger Koalitionspartner agiert mehr als sieben Monate vor einer Wahl anders.

Erstaunlich ist aber das dafür gewählte Thema. Die Volkspartei war seit jeher die Europapartei in Österreich, Vizekanzler Michael Spindelegger betont das auch ständig. Und es war ja immerhin Staatssekretär Lopatka, der als Regierungsmitglied bei den vorbereitenden EU-Außenministertreffen (für Österreich) noch deutlich schlechtere Varianten für das Budget behandelt hat.

Jetzt schaut es so aus, dass die von der ÖVP ins EU-Parlament entsandten Abgeordneten Otmar Karas, Paul Rübig und Elisabeth Köstinger ein offensiveres und umfangreicheres Budget bis 2020 fordern, während die Mutterpartei daheim beklagt, dass auch beim gekürzten Etat zu viel zu bezahlen ist. Dass sich die ÖVP mit diesen Aussagen außerhalb der Positionen der Europäischen Volkspartei (EPP) befindet, verwundert noch mehr. Johannes Hahn ist Vizepräsident der EPP, Otmar Karas ist für die EPP Vizepräsident im EU-Parlament.

So ganz logisch ist die Sache inhaltlich also nicht. Wie kann ein und dieselbe Partei einmal für mehr EU-Geld sein, aber gleichzeitig für geringere Mitgliedsbeiträge eintreten?

Politisch agiert die Volkspartei kurzsichtig. Sie nimmt eine Selbstbeschädigung in Kauf, nur um dem politischen Gegner SPÖ jetzt eins auszuwischen? Und erledigt damit das Geschäft der Freiheitlichen. H.C. Strache kann sich künftig bei seinem wirtschaftspolitischen Harakiri-Kurs gegen die EU auf die Volkspartei berufen - die Partei des Alois Mock, der Österreichs EU-Beitritt einst entscheidend vorangetrieben hat. Und es ist Wasser auf die Mühlen jener politischen Wahrsager, die nach der nächsten Nationalratswahl eine ÖVP/FPÖ/Stronach-Koalition erwarten.

Ob sich die Volkspartei damit einen guten Dienst erweist, sei dahingestellt. Denn die Partei wird es ja wohl noch länger als eine Legislaturperiode geben . . .