)
Politische Rechte geht mit effizienter Kampagne gegen US-Präsident vor. | Tea-Party-Aktivisten vor Einzug ins Repräsentantenhaus. | Wien/Washington. Der Kampfruf "Yes, we can" ist verhallt. Heute regieren in den USA Ernüchterung und Enttäuschung auf der Seite jener, die einst US-Präsident Barack Obama ins Amt gewählt haben. In den Reihen der Republikaner aber macht sich ein neues Hochgefühl breit. Nach der großen Enttäuschung vor zwei Jahren gibt es wieder Hoffnung: Am 2. November finden die Midterm Elections statt, ein Teil des Senats und das gesamte Repräsentantenhaus werden neu gewählt. | Kongresswahlen waren selten ein Triumphzug für US-Präsidenten
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Und diesmal sieht es nicht gut aus für den US-Präsidenten und seine Demokraten. Die Umfragen lassen wenig Zweifel zu, dass die Regierungspartei empfindliche Verluste einfahren wird. Es gilt als gut möglich, dass die Demokraten im Repräsentantenhaus ihre Mehrheit verlieren - im Senat sieht die Sache für Obama ein wenig besser aus. Aber der Verlust der Mehrheit in einer der beiden Kammern würde die politische Agenda des Präsidenten schwer einschränken - er kann Gesetze nur dann sicher durchbringen, wenn er die Mehrheit im Senat und im "House" hat.
Dass Obamas Umfragewerte am Boden sind, hat Gründe. Einer davon ist der Umstand, dass die politische Rechte eine Kampagne gestartet hat, die so fragwürdig wie effektiv ist. So verbreiten den Republikanern nahestehende Boulevardzeitungen das Gerücht, Obama sei nicht in den USA geboren und deshalb auf illegale Weise in das Präsidenten-Amt gelangt. Christlich-radikale Prediger - ebenfalls dem rechten Spektrum verhaftet - rücken Obama in die Nähe terroristischer Islamisten.
Tatsächlich ist es so, dass mittlerweile jeder fünfte US-Bürger Obama für einen Moslem hält. Nicht wenige Wahlberechtigte wollen zudem wissen, dass der US-Präsident außerdem auch noch Araber sei - immerhin laute sein voller Name Barack Hussein Obama.
"Imam Obama"
Eifernde Prediger, die via TV und Radio ihr Publikum finden, weisen gebetsmühlenartig darauf hin, dass Obama nichts heilig sei. Immerhin lasse er Moscheen da errichten, wo islamische Terroristen das World Trade Center zum Einsturz gebracht hätten - unter Verweis auf das fundamentale Gebot der Religionsfreiheit hat Obama zuletzt den Plan zur Errichtung eines islamischen Zentrums in der Nähe der 9/11-Türme verteidigt. "Imam Obama verrät alle Werte, die unser Land groß gemacht haben", greifen die selbst ernannten Missionare den Mann an, der für viele einst eine Art schwarzer Messias war. Obama untergrabe das freie Unternehmertum und verletzte durch staatliche Eingriffe in alter Sowjet-Manier das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit. "Obama ist der schlechteste Präsident der US-Geschichte", erklären Republikaner und ihnen nahestehende Polit-Berater im konservativen TV-Sender "Fox News".
Vor diesem Hintergrund gewinnt die ultrarechte Tea-Party-Bewegung immer mehr an Einfluss. 129 Republikaner-Kandidaten für das Repräsentantenhaus werden von der Tea-Party-Bewegung unterstützt, 33 dieser Kandidaten befinden sich in einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit ihren Gegnern oder treten in Staaten an, die sicher in republikanischer Hand sind. Die Mehrheit der neuen Rechten, die sich als ultimative Antithese zu Obama stilisieren, tritt aber in Wahlkreisen an, die in Demokraten-Hand sind - ihre Stimmen werden als Protest-Signale zu werten sein. Doch einigen Tea-Party-Mitgliedern ist der Einzug ins Repräsentantenhaus nicht mehr zu nehmen. Somit ist davon auszugehen, dass die Ultrarechten im Repräsentantenhaus künftig einiges an zusätzlichem politischen Gewicht haben werden.
In den Reihen der ehemaligen Obama-Wähler ist man unterdessen enttäuscht und der großen Illusionen beraubt. Der Krieg in Afghanistan fordert mehr Verluste denn je, die Wirtschaft kränkelt, die Arbeitslosen-Zahlen sind hoch. An der Universität von Berkeley, einer linksintellektuellen Hochburg, verkaufen Studenten Buttons, auf denen dem US-Präsidenten empfohlen wird, das Land zu verlassen. Auch der "Mann von der Straße" sieht seine Erwartungen in so gut wie allen Bereichen nicht erfüllt. Für viele Wähler sind die Republikaner zwar keine Alternative, die Strategen im Weißen Haus befürchten aber, dass viele frühere Obama-Fans einfach zuhause bleiben und den Republikanern kampflos das Feld überlassen.
Neben einem guten Drittel des Senats und dem kompletten Repräsentantenhaus werden auch 37 von 50 Gouverneuren neu gewählt. Nicht mehr dabei ist der Republikaner Arnold Schwarzenegger. Der Ex-Bodybuilder und Filmheld war in Kalifornien zuletzt mit einer veritablen Finanzkrise konfrontiert. Es ist deshalb nicht unwahrscheinlich, dass Kalifornien bald von einem Demokraten regiert wird.