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Ex-Premier und Wahlverlierer Meciar spekuliert auf Regierungsbeteiligung

Von Carola Palzecki

Analysen

Vladimír Meciar hat es am Wahlabend die Sprache verschlagen. Der Vorsitzende stehe für Kommentare nicht zur Verfügung, er sei vom Wahlkampf zu erschöpft, hieß es aus der Zentrale der Meciar-Partei LS-HZDS. Solche Reaktionen sind für den eloquenten slowakischen Ex-Premier typisch: Schlechte Wahlergebnisse verdaut er am liebsten allein.


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Meciar hat längst nicht mehr das Charisma von früher, das ihn trotz seines berüchtigten autokratischen Regierungsstils einst zum Wahlfavoriten machte. Allerdings hätte niemand damit gerechnet, dass die LS-HZDS gerade einmal auf ein Ergebnis von knapp 9 Prozent kommen würde. Die Kampagne sei doch gut gewesen, schüttelte Parteivize Viliam Veteska fassungslos den Kopf. Auch mit seinem Gesicht und dem Motto "Ich glaube an das, was ich tue - ich tue das, was ich glaube" hatte die Partei Wähler für sich gewinnen wollen.

Nationalpartei: Sieg der Intoleranz

Doch das war zu wenig gegenüber den starken Parolen der Slowakischen Nationalpartei (SNS), die während des Wahlkampfs äußerst scharf gegen Roma und die ungarische Minderheit geschossen hatte und damit offensichtlich auch frühere Wähler der Meciar-Partei gewinnen konnte. Hierin wird jedenfalls die Ursache für das gute Abschneiden der Nationalisten vermutet, mit 11 Prozent die nunmehr drittstärkste politische Kraft hinter der Smer von Wahlsieger Robert Fico (29 Prozent) und der SDKÚ von Ministerpräsident Mikulá Dzurinda (18 Prozent). Die SNS treffe klare Aussagen in einer immer noch von Umbrüchen geprägten Gesellschaft. Der SNS-Vorsitzende Ján Slota könne als Bürgermeister des nordslowakischen ilina zudem auf beachtliche wirtschaftliche Erfolge verweisen, so Experten in Pressburg.

Mit Meciar ist noch immer zu rechnen

Trotz allem wäre es jedoch voreilig, Meciar abzuschreiben. Er dürfte bei den Koalitionsverhandlungen das entscheidende "Zünglein an der Waage" sein, eine Rolle, die eigentlich das Wähler der Mittelschicht ansprechende Freie Forum (SF) hätte übernehmen sollen, das aber den Einzug ins Parlament verpasste. Wahlsieger Fico ist auf Koalitionspartner angewiesen, will er den Machtwechsel schaffen. Ein knappes Drittel der Slowaken hatte sich vor den Wahlen für eine Koalition aus Smer, SNS und LS-HZDS ausgesprochen.

Allerdings hat Meciar nie einen Hehl aus seiner Verachtung für Fico gemacht. Möglicherweise wird er daher gerade dem Mann den Rücken stärken, der ihn 1998 stürzte: Premier Dzurinda, der außerdem gern die Ungarnpartei SMK und die christdemokratische KDH ins Boot holen würde. In Pressburg wird schon lange über eine stillschweigende Zusammenarbeit der beiden gemunkelt, und die bisherigen Absagen der KDH an eine Koalition mit Meciar sind wohl vor dem Hintergrund zu sehen, dass vor den Wahlen noch mit einem Koalitionspartner SF gerechnet wurde.