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Ex-Terrorist Klar kommt nicht frei

Von WZ-Korrespondent Markus Kauffmann

Europaarchiv

Treffen mit Ex-RAF-Mitglied löste heftige Kritik aus. | Haftentlassung frühestens 2009. | Berlin. Der ehemalige RAF-Terrorist Christian Klar kommt nicht vorzeitig frei. Für viele überraschend hat der deutsche Bundespräsident Horst Köhler gestern, Montag, entschieden, "von einem Gnadenerweis für Herrn Christian Klar abzusehen". Auch das Gnadengesuch der Ex-Terroristin Birgit Hogefeld wies Köhler fürs erste zurück.


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Der Präsident habe sich laut offizieller Erklärung unter anderem auf Stellungnahmen der Justizministerin, des erkennenden Gerichts, der Generalbundesanwältin und der für den Strafvollzug verantwortlichen Justizvollzugsanstalt sowie ein kriminalprognostisches Gutachten gestützt. Darüber hinaus führte er Gespräche mit Hinterbliebenen der Opfer. Abschließend - und dafür war Köhler heftig attackiert worden - sprach er in der Vorwoche mit Klar selbst.

"Wenn sich das Staatsoberhaupt mit dem Staatsfeind Nummer Eins trifft", bleibe ein bitterer Beigeschmack, hatte CSU-Generalsekretär Markus Söder kritisiert - und die Unterstützung für die Wiederwahl Köhlers in Frage gestellt.

Christian Klar hatte sich mit 24 Jahren der linksterroristischen Roten-Armee-Fraktion angeschlossen und wurde 1983 "wegen gemeinschaftlich verübten, neunfachen Mordes und elffachen Mordversuchs" verurteilt. Zu seinen Opfern zählten Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer, Bundesanwalt Siegfried Buback und der Bankier Jürgen Ponto. Das Gericht hob damals die besondere Schwere der Schuld hervor, sodass eine reguläre Haftentlassung erst nach 26 Jahren, also frühestens 2009 möglich wäre.

Hitzige Debatten

Damit hat der deutsche Präsident vorerst einen Schlusspunkt unter einen langen und leidenschaftlichen Streit gesetzt. Der heute 54-jährige Klar hatte schon an Köhlers Amtsvorgänger Johannes Rau ein Gnadengesuch gerichtet. Angeheizt wurde die Debatte heuer durch drei Umstände: Der "Deutsche Terrorherbst" jährt sich zum dreißigsten Mal; die Ex-RAF-Terroristin Brigitte Mohnhaupt wurde Ende März nach 24 Jahren Haft entlassen; schließlich wurde ein Grußwort Klars bekannt, das er aus dem Gefängnis für die Zeitschrift "junge welt" verfasst hatte.

Darin hieß es unter anderem: "Wo sollte sonst die Kraft zu kämpfen herkommen? Die spezielle Sache dürfte sein, dass die in Europa ökonomisch gerade abstürzenden großen Gesellschaftsbereiche den chauvinistischen Rettern entrissen werden. Sonst wird es nicht möglich sein, die Niederlage der Pläne des Kapitals zu vollenden und die Tür für eine andere Zukunft aufzumachen."

In ersten Reaktionen begrüßten konservative Politiker und die FDP die Entscheidung des Präsidenten. Klar trage nichts zur Aufklärung der RAF-Verbrechen bei und zeige keine Reue, erklärte Unionsfraktions-Vize Wolfgang Bosbach.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil bezeichnete den Entschluss Köhlers als souverän. Gleichzeitig kritisierte er den Druck auf Köhler: "Das war ein dreister Versuch, den Bundespräsidenten zu nötigen."