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Wiener Zeitung: Ein böser Wind fegt über den mittleren Osten und die angrenzenden Regionen. Kann ihr Land in dieser Situation noch etwas tun?
Ben Yahta: Wir verfolgen die Ereignisse mit tiefer Sorge, obwohl wir weit vom Kriegsschauplatz entfernt sind. Umsomehr, weil unschuldige Menschen betroffen sind. Wir sind ein Land des Friedens, der Toleranz und des Kompromisses. Unser Präsident hat alle Beteiligten aufgefordert, sich noch intensiver für die Wiederherstellung des Friedens durch politische Mittel einzusetzen.
Sehen Sie ein Licht am Ende des Tunnels?
Momentan sehen wir nur Leuchtspuren. Es wäre schön, würden sie den Tunnel erhellen, sodass wir das Licht am Ende sehen.
Es ist offenkundig, dass sich ihr Land in einer Klemme befindet. Einerseits geht es um ein arabisches Land, andererseits haben Sie ausgezeichnete Beziehungen zu den USA und Großbritannien und wollen diese sicher erhalten. Wie kann Tunesien die divergierenden Interessen unter einen Hut bringen?
Es stimmt, wir unterhalten freundschaftliche Beziehungen zu allen Seiten. Wir hoffen, dass ein Dialog dazu beitragen kann, die unterschiedlichen Standpunkte einander näher zu bringen.
Momentan sieht es eher nach Spaltung aus: In der UNO, der Europäischen Union, aber auch unter den arabischen Staaten. Mit den Gemäßigten eingepfercht in der Mitte. Wie sollen sich diese verhalten?
Unterschiedliche Standpunkte gehören zu den Fakten des Lebens. Es ist wichtig, die Kluft zu verringern. Es ist aber noch wichtiger, ja essentiell, die menschliche Katastrophe, die sich anbahnt, zu verhindern. Wir befinden uns auf einem äußerst rutschigen Pfad. Ein Sturz wäre fatal.
Ich habe lange nachgedacht, ob ich in der gegenwärtigen Krise irgend ein positives Zeichen erkennen kann. Dafür käme mir am ehesten die jüngste Erklärung von Präsident George W. Bush zum israelisch-palästinensischen Konflikt in Frage, in der er eine "Straßenkarte" (Road-map) zu einer Zwei-StaatenLösung mit amerikanischer Hilfe vorgeschlagen hat. Unterstützt Tunesien diesen Plan?
Wir haben alle seriöse Friedenspläne seit 1991 unterstützt. So die Madrider Konferenz, die jüngsten Vorschläge der EU, die Erklärung des saudiarabischen Kronprinzen Abdullah und zuletzt jene des "Quartetts" (USA, EU, Russland und UNO). Sie alle könnten das Ausmaß der Gewalt verringern sowie die Last, welche auf den Betroffenen liegt. Aber, wie ich sagte, der Pfad ist rutschig.
Haben Sie bereits Vorstellungen, was im Irak nach Beendigung der Kämpfe geschehen soll?
Das ist ein Rätselraten. Wo finden wir die Weisheit, um die Region und, letztlich, die Welt zu retten? Ich möchte in diesem Zusammenhang auf die Initiative von Präsident Ben Ali (Tunesiens, Anm.) hinweisen, einen internationalen Solidaritätsfonds zu gründen. Dieser Vorschlag wurde von der UN-Generalversammlung einstimmig angenommen. Wir planen verschiedene Aktivitäten, um den Plan zu verwirklichen. Das heißt auch, das Geld aufzubringen.
Wie reagieren ihre Landsleute auf die gegenwärtige Krise?
Unser Volk macht sich Sorgen, aber wir sind ein friedfertiges Volk. Schon vor einiger Zeit haben wir Ausschüsse gebildet, um Maßnahmen gegen negative wirtschaftliche Entwicklungen zu planen. Alles in Allem stehen wir aber besser da als etliche andere Länder. Auch was den Tourismus betrifft. Wir wollen unsere Freunde überzeugen, dass bei uns alles ruhig ist. Dass unser Lächeln echt ist.
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Das Gespräch führte Lucian O. Meysels.