Bewegung wieder möglich machen: | Damit befassen sich Ingenieure und Ärzte in Berlin. | Berlin. Nach einem Schlaganfall oder Unfall können die Betroffenen oft ihre Gliedmaßen nur noch eingeschränkt oder gar nicht bewegen. Gerade bei Schlaganfallpatienten dauert die Rehabilitation meist lange und hängt zudem von der Motivation der Patienten ab, auch ohne Therapeuten Bewegungsübungen auszuführen. Patienten, die Arme oder Beine gar nicht mehr selbst bewegen können, sind ohnehin auf die ständige Gegenwart des Therapeuten oder Trainers angewiesen. Doch die Langzeittherapie mit einem Therapeuten ist sehr teuer.
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Um eine solche Bewegungstherapie effizienter und kostengünstiger zu gestalten, haben Ingenieure der Technischen Informatik an der TU-Berlin jetzt neuartige, computergestützte Orthesen entwickelt. Solche Orthesen - in der Robotik auch Exo-Skelette genannt - stützen den Körper von außen. Das Ziel: die kranken Körperteile sollen in der Bewegung geführt und unterstützt werden.
Computer unterstützt
Dipl.-Ing. Christian Fleischer von der TU-Berlin hat eine Beinorthese entwickelt, die durch einen Computer analysieren kann, welche Bewegung der Patient machen möchte. "Wir zeichnen mit speziellen Sensoren auf der Hautoberfläche schwache Muskelaktivitäten auf und übertragen diese dann in den Computer. Aus diesen Aufzeichnungen kann der Computer mittels einer speziellen Software dann die gewünschte Bewegung errechnen", erklärt Fleischer.
Denn fast immer sind bei den Patienten noch Restaktivitäten der Muskeln vorhanden, die aber meist nicht mehr für eine komplette Bewegung ausreichen. Der Computer registriert den entsprechenden Reiz und überträgt die gewünschte Bewegung auf die Mechanik und Motoren des Exo-Skeletts, das die Bewegung ausführt. So kann der Patient seine Muskeln wieder kräftigen und die Beugung oder Streckung der Oberschenkelmuskeln neu erlernen. Entscheidende Tipps für den richtigen Bewegungsablauf bekommen die Ingenieure der TU von Ärzten und Medizinern.
"Besonders wichtig bei der Rehabilitation ist, dass die Bewegungen rund und exakt ausführt werden, damit Gelenke und Sehnen nicht unnötig belastet werden. Schließlich muss der Patient die jetzt noch von der Orthese unterstützte Bewegung später einmal wieder ganz alleine machen", weiß Dr. Stefan Hesse von der Universitätsmedizin der Charité Berlin.
Intelligente Maschinen
"Da das Personal begrenzt ist und der Patient eine Übung immer wieder machen muss, um sie richtig zu erlernen, wird in der Zukunft der Einsatz intelligenter Maschinen immer mehr zunehmen", meint Hesse. Außerdem kann der Patient mit solchen Maschinen auch alleine üben, weshalb diese Therapien sehr kostensparend sind.
Zudem können viele Patienten gleichzeitig betreut werden. Deswegen wird Fleischer bei seiner Entwicklung auch von einem Medizintechnik-Hersteller unterstützt, der das Exo-Skelett gerne serienmäßig für therapeutische Zwecke einsetzen würde.
Noch ist die Entwicklungsphase allerdings nicht abgeschlossen. "Wir müssen noch intensive Tests mit Patienten durchführen, um die Handhabung sicherer und einfacher zu machen. Da die Symptome von Patient zu Patient sehr unterschiedlich sind, muss sich erst zeigen, in welchen Fällen das Exo-Skelett tatsächlich eingesetzt werden kann", meint Fleischer. Erst dann kann eine klinische Studie erfolgen, die die Auswirkungen auf den Rehabilitationsprozess untersucht.
Christian Fleischers Kollege Andreas Wege hat eine Handorthese entwickelt, die er bald an den ersten Patienten testen will. Sein Ziel ist es, Patienten mit Handverletzungen wieder filigrane Bewegungen erlernen zu lassen. Später sollen sie sogar wieder mit der verletzten Hand arbeiten können. "Neu an dieser Handorthese ist vor allem, dass alle vier Freiheitsgrade der Bewegung durch die Fingergelenke ausgeführt werden können. Diese Bewegungsrichtungen hat eine gesunde Hand zur Verfügung."
Rascher Therapieerfolg
Die verschiedenen Handbewegungen, die der Patient wieder neu erlernen soll, werden in einen Computer einprogrammiert. Der Computer steuert dann das als Handschuh getragene Exo-Skelett, das mit Motoren und Bodenzügen arbeitet. So kann ein Patient bei der Rehabilitation eine ganze Palette von Bewegungen ganz alleine üben. "Dadurch erhoffen wir uns schnelle und kostengünstige Therapierfolge und das Wiedererlernen eines möglichst exakten Greifmechanismus", sagt Wege.