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Die Nachricht beflügelt die Fantasie: Ein Bub kommt zur Welt mit je 23 Chromosomen von Vater und Mutter, plus DNA-Anteilen einer Spenderin, die eine Erbkrankheit verhindern sollen. "Baby mit drei genetischen Eltern", berichteten die Medien am Mittwoch. Die Neuigkeit beruht vorerst nur auf der Kurzdarstellung einer Studie, die erst im Oktober präsentiert werden soll. In anderen Worten: Noch wissen wir wenig - und nicht nur wir. Denn wie sich die mitochondriale DNA einer dritten Person auf ein Kind auswirkt, können vermutlich nicht einmal die Studienautoren genau sagen. Wie bei vielen der neuen medizinischen Hochtechnologien gibt es auch hier keine Erfahrungswerte - das Ganze ist ein Experiment am lebenden Objekt. Ähnlich weiß kaum jemand, welche Wesen aus menschlichen und tierischen Zellen, deren Vermischung in den USA zur Erforschung von Krankheiten erlaubt werden soll, alles heranwachsen könnten. Auch die Palette der Möglichkeiten der revolutionären Gen-Schere, die in der Lage ist, Menschen und andere Tiere, Pflanzen und Lebensmittel zu optimieren, erahnen bestenfalls ihre Erfinderinnen.
Freilich muss jeder Mensch selbst entscheiden, ob er experimentell-fortschrittliche Methoden für sich in Anspruch nehmen will. Jedoch werden die Grundlagen für solche Entscheidungen immer unübersichtlicher, je schneller der Fortschritt sich selbst und den Verstand überholt. Somit ist der Geist überfordert, die Fakten zu sehen, geschweige denn sie zu beurteilen und die realen und moralischen Konsequenzen richtig einzuschätzen. Es bleibt ein dumpfes, diffuses Unbehagen, das die Faszination für den Fortschritt begleitet.