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Bildungsexperte Lassnigg: Verländerung der Lehrer verteuert das System. | Österreichs Lehrer verdienen laut OECD anfangs weniger, am Schluss viel mehr. | Wien. Österreichs Bildungssystem ist eines der teuersten innerhalb der 30 Mitgliedstaaten der OECD. Laut der Studie "Education at a Glance 2010", die am Dienstag veröffentlicht wurde, betrugen die Ausgaben pro Schüler/Student im Jahr 2007 von der Volks- bis zur Hochschule 10.974 US-Dollar (kaufkraftbereinigt) pro Jahr - ein Wert, der deutlich über dem OECD-Schnitt von 8216 Dollar liegt. Übertroffen wird das nur noch von den USA, der Schweiz und Norwegen.
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Im Vergleich dazu schneiden Österreichs Schüler bei OECD-weiten Tests nur mittelmäßig ab. Ein Rätsel in der heimischen Expertenwelt ist dabei, wo das Geld versickert. Ein Erklärungsversuch sind die Personalkosten. Obwohl die Lehrergehälter beim Anfangsgehalt und beim Gehalt nach 15 Jahren unter dem OECD-Durchschnitt liegen, sind die Gehälter am Ende der Berufstätigkeit klar über dem OECD-Schnitt. Volksschullehrer haben in Österreich 2008 rund 28.622 Dollar bekommen (OECD-Schnitt: 28.949), ihr Höchstgehalt am Ende lag bei 56.709 Dollar - deutlich höher als in den Industriestaaten (48.022 Dollar). Im SekundarbereichI (Hauptschule und AHS-Unterstufe) verdienen Lehrer am Anfang kaufkraftbereinigt fast 29.928 Dollar (OECD: 30.750), das Höchstgehalt beträgt aber dann 58.921 Dollar (OECD: 30.750). Ähnlich verhält es sich im Sekundarbereich II (AHS-Oberstufe, BHS).
IHS-Bildungsexperte Lorenz Lassnigg sieht im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" einen Grund für die höheren Ausgaben in der Altersstruktur der Lehrer: Rund 60.000 Pädagogen gehen in den nächsten Jahren in Pension und stehen damit an der Spitze der Gehaltspyramide. Aber das sei noch nicht die ganze Erklärung für das teure System.
Heimische Lehrer sind kürzer in den Klassen
Österreichs Schüler verbringen in etwa gleich viel Zeit in den Klassenzimmern wie ihre Kollegen in den anderen OECD-Staaten, ihre Lehrer dagegen deutlich weniger. Die vertragliche jährliche Gesamtarbeitszeit der heimischen Lehrkräfte - inklusive Vorbereitungs- und Korrekturzeiten - ist in Österreich höher als im OECD-Schnitt. Allerdings verbringen die österreichischen Lehrer der Sekundarstufe I (607 Stunden pro Jahr) fast 100 Stunden weniger in der Klasse als im OECD-Durchschnitt (703). Weniger unterrichtet wird nur in Griechenland (429 Stunden), Polen (513) und Finnland (595).
"Wir leisten uns ein teures System, das mittlere Ergebnisse und eine geringe Produktivität erbringt", sagt Lassnigg. So etwa sei "wissenschaftlich erwiesen, dass kleinere Klassen nichts bringen - außer man schafft riesige Veränderungen. Diese würden aber im jetzigen administrativen System keinen Sinn machen". Der Bildungsexperte fordert daher eine "Entpolitisierung der Bildung". Es brauche eine echte Schulautonomie, von der zwar immer wieder die Rede sei, aber ohne Ergebnisse. "Schulautonomie hieße aber, Bürokratie abzuschaffen. Stattdessen will man neun Bürokratien zusätzlich einführen."
Für Lassnigg ist der nunmehrige Versuch der Länder, sich alle Lehrer zu holen ein Irrweg. "International geht man davon aus, dass jene, die die Mittel aufbringen, auch verantwortlich sind." Wenn man also die Lehrer verländere, müssten die Länder auch die notwendigen finanziellen Mittel dafür aufbringen. "Wenn das nicht gleichzeitig geschieht, darf diese Debatte nicht geführt werden", warnt der Experte. Denn er sieht darin eine Verteuerung des Systems.
Investitionen in Unislohnen sich für Staat
Die Studie zeigt allerdings ganz klar, dass sich Investitionen in höhere Bildung auszahlen, sowohl für den Einzelnen als auch für den Staat. Denn mit Zunahme des Bildungsstandes steigen die Beschäftigungsquoten und auch die Einkommen und damit die Einnahmen des Staates. Staatliche Investitionen insbesondere in den Tertiärbereich (Unis, Fachhochschulen, Hochschulen) seien "selbst dann wirtschaftlich sinnvoll, wenn dadurch ein Defizit im Staatshaushalt entsteht", heißt es in der Studie.
In Österreich stagniert der Anteil der Personen mit höherer Bildung aber. Seit 1997 beträgt der Anteil der Personen mit Lehrabschluss oder Matura bei den 25- bis 64-Jährigen 63Prozent. Allerdings liegt dieser Wert deutlich über dem OECD-Schnitt von 44Prozent. Seit 2004 ist auch der Anteil der Hochschulabsolventen unverändert bei 18Prozent. Für Wissenschaftsministerin Beatrix Karl besteht bei der Akademikerquote von 18 Prozent aber kein Anlass zur Sorge. Sie verwies darauf, dass 2008 bereits 25 Prozent eines Jahrgangs ein Hochschulstudium abgeschlossen haben.
Bestätigt fühlt sich Unterrichtsministerin Claudia Schmied durch die OECD-Studie in ihrem Bemühen, ein neues Dienst- und Besoldungsrecht für Lehrer einzuführen. Karl leitet ihrerseits die Notwendigkeit für Studiengebühren ab, weil der Anteil der privaten Ausgaben im Kindergarten bei 30 Prozent, bei den Unis aber nur bei 15Prozent liegt.