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Hamburg. Als einen "Machtkampf, wie ihn Iran noch nie gesehen hat" hat der Iran-Experte und Buchautor Afshin Molavi im Gespräch mit dem "Spiegel Online" die Ereignisse nach der umstrittenen Wiederwahl von Präsident Mahmoud Ahmadinejad charakterisiert.
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In Teheran sei man mittlerweile "überwiegend der Ansicht, dass diese Wahl ein Staatsstreich von Anhängern eines neuen Machtzentrums in Iran war" - und zwar von Unterstützern Ahmadinejads vor allem im Sicherheitsapparat.
Auf der anderen Seite stünden Vertreter "der alten Ordnung". Durch die geistlichen Führer des Landes ginge ein Riss. Es sei nicht sicher, dass Ayatollah Ali Khamenei von dem angeblichen Coup "überhaupt wusste", meinte Molavi, der davon ausgeht, dass Khamenei keine Kehrtwende in seiner Unterstützungserklärung für Ahmadinejad riskieren wird.
Die Proteste der Bevölkerung gegen die Wahl bezeichnete der beim unabhängigen US-amerikanischen Think Tank "New America Foundation" forschende Molavi als "Comeback der iranischen Mittelklasse in der politischen Arena. Diese Mittelklasse ist vital, modern, gut vernetzt, am Rest der Welt interessiert - und hungert nach sozialen und politischen Freiheiten sowie einer besseren Wirtschaftspolitik." Etwas Vergleichbares wie die aktuellen Proteste habe man "auf den Straßen Irans noch nie gesehen".
In der Ausweisung ausländischer Journalisten und der Abschaltung von Webseiten erkennt der Iran-Kenner Anzeichen für eine geplante gewaltsame Niederschlagung der Demonstrationen: "Mein einziger Trost ist, dass so etwas immer schwerer für sie wird, je mehr Menschen demonstrieren."