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Mit äußerst scharfer Kritik an der Wirtschafts- und Industriepolitik der Regierung ließ Industrieexperte Werner Clement am Donnerstag aufhorchen: "Lange Zeit wurden die schlechten Konjunkturdaten ignoriert, verdrängt und schöngefärbt." Gegen die Flaute wurden mit den "Konjunkturpaketchen maximal homöopathische Dosen" verabreicht. Diese hätten die Situation für manche Unternehmen noch verschlechtert.
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"Ich beobachte die Konjunktur schon lange, doch mir ist keine Periode bekannt, in der man die schlechten Indikatoren nicht wahrgenommen, verdrängt und schöngefärbt hat." Wirtschaftsprofessor und Chef des Industriewirtschaftlichen Institus (IWI) Clement läßt an der Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahre kein gutes Haar. Er ist auch entsetzt, auf welch niedrigem Niveau die ökonomischen Debatten geführt würden: Nur Schlagworte und Worthülsen wie Null-Defizit hätten den Diskurs geprägt.
Doch gerade der Terminus Null-Defizit sei ein grober Unsinn. "Das hieße für ein Unternehmen, es dürfe nie wieder einen Kredit aufnehmen." Er bedauert, dass der Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen - ein sozialpartnerschaftliches Gremium - keine Bedeutung mehr hat. Clement schlägt nun die Schaffung eines unabhängigen Sachverständigenrates vor, der die nächste Regierung in Wirtschaftsfragen beraten soll. Ein weiteres Herumdoktern an der Oberfläche reiche nicht: Investitionen müssen planbar werden und der "Adhocismus" müsse ein Ende haben. Die Abschaffung des Investitionsfreibetrages habe die Unternehmen belastet, die Investitionsprämie sei kein Ersatz.
Die Wirtschaftkammer hält die Prognosen des Wifo, das 2003 ein Wachstum der Sachgüterproduktion von 3,5% voraussagt, für überzogen. Die Sparte Industrie erwartet weniger als 1% Plus. Die Auftragslage ist schlecht. Allein der Export gebe Anlass zu ein wenig Hoffnung. Im ersten Halbjahr 2002 gab es um 10.000 Beschäftigte (2,3%) weniger als 2001.