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BIP sank 2009 real um nur 1,9 Prozent - heuer 3 Prozent Plus. | Ökonom Acket: Frankenkurs zählt für Exporte weniger als Auslandsnachfrage. | Bern/Wien. Die Schweiz blieb von der Krise nicht verschont, sie fiel aber weniger tief - und steuert rascher aus dem Tal als die meisten entwickelten Volkswirtschaften. Nach jüngsten Zahlen schrumpfte die Wirtschaftsleistung der Eidgenossen im Krisenjahr 2009 real (inflationsbereinigt) um 1,9 Prozent. Zum Vergleich: Österreichs Bruttoinlandsprodukt sank 2009 um 3,9 Prozent. Für 2010 prognostiziert das Schweizer Finanzministerium 2,9 Prozent Zuwachs. In Österreich erwarten die Ökonomen ein Plus zwischen 1,2 und 1,5 Prozent.
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Nachfrage konstant hoch
Woher kommt die solide Performance des Nachbarstaates? "Die Schweiz hatte unglaubliches Glück", sagt Janwillem Acket, Chefökonom der Schweizer Privatbank Julius Bär zur "Wiener Zeitung". "Zum einen ist die Palette unserer Produkte in den Schwellenländern sehr gefragt, zugleich profitieren wir als Zulieferer von der Stärke der Deutschen." Für die Elektro- (ABB) und Zementindustrie (Holcim), für Werkzeug- und Textilmaschinen sei die Nachfrage relativ hoch. Der Bereich Konsumgüter (Nestlé) sei kaum eingebrochen und die Nachfrage nach Luxusgütern (Swatch, Richemont) ziehe nun rasch wieder an.
Den starken Franken sieht Acket nur als Problem, wenn der Euro-Kurs deutlich unter 1,30 falle. Diese Marke wurde in den letzten Tagen erstmals seit vielen Jahren erreicht. Aber: Die Schweizer Nationalbank werde einer Aufwertung nicht tatenlos zusehen. Der Kurs der Landeswährung sei zudem für die Exporte weit weniger wichtig als die Auslandsnachfrage: Die Abschwächung der Konjunktur in China, Japan und den USA sei mittelfristig das viel größere Risiko.
Schuldenquote gering
Der übergroße Finanzsektor sei "mit einem blauen Auge" davongekommen: Abgesehen von der Schwarzgelddebatte und dem heiklen Steuerstreit der Großbank UBS mit den USA hatten die Banken wenige Probleme. Dank attraktiver Zinsen fließt Kapital in die Schweiz, wegen der niedrigen Steuern richten Konzerne wie Microsoft oder Google dort ihre Zentralen ein. Schuldenprobleme kennen die Eidgenossen ebenfalls kaum: Die Schuldenquote inklusive aller Kantone liegt bei komfortablen 40 Prozent des BIP.
Die Schweiz profitiere überdies von bilateralen Verträgen mit der EU, die hochqualifiziertes Personal ins Land bringen. Anlässe für eine Neid- oder Rosinenpickerdebatte, wie sie hierzulande mit Blick auf die Schweiz gerne geführt wird, sieht Acket nicht: Österreich habe vom EU-Beitritt stark profitiert und sich in Osteuropa eine einzigartige Position aufgebaut.