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Nach vorläufigem Scheitern der Gespräche über den EU-Haushalt 2015 muss die Kommission einen neuen Entwurf vorlegen.
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Brüssel. Ein wenig Zeit bleibt noch. Aber eben nicht mehr viel. Nach dem vorläufigen Scheitern der Budgetverhandlungen geben sich die EU-Institutionen trotzdem optimistisch. Die letzte Frist für die Fixierung des Haushalts für das kommende Jahr sei das Ende dieses Jahres, wird in der EU-Kommission betont. Die Mitgliedstaaten arbeiten an einem Kompromiss, heißt es aus ihren Reihen. Und das EU-Parlament mahnt dazu, offene Rechnungen zu bezahlen.
Doch das Ringen um eine Einigung gleicht einem Ritual, das Jahr für Jahr einem ähnlichen Muster folgt. Denn jeden Herbst wird ein Etat erstellt, der sich in den siebenjährigen finanziellen Rahmen fügt, auf den sich die Akteure zuvor geeinigt hatten. Die Kommission erarbeitet einen Entwurf, und wie das Abgeordnetenhaus will sie meist mehr Geld für die Union zur Verfügung gestellt sehen als die Länder auszugeben bereit sind. Die drei Seiten verhandeln dann miteinander; die Frist für diese Gesprächsrunde ist in der Nacht auf gestern, Dienstag, abgelaufen. Eine Verständigung blieb nach dem siebenstündigen Treffen aus.
Denn noch gehen die Vorstellungen auseinander, und auch der jüngste Vorschlag der Mitgliedstaaten stellte die Volksvertreter nicht zufrieden. Der Plan änderte nämlich kaum etwas daran, dass sich der Unterschied in den Positionen auf rund sechs Milliarden Euro beziffert. Die Länder wollen ihre Ausgaben auf knapp 140 Milliarden Euro begrenzen; das Parlament fordert mehr.
Dazwischen liegen die Angaben der Kommission, die die Höhe der nötigen Ausgaben bei etwas mehr als 142 Millionen Euro ansetzt. Der größte Teil davon fließt in Infrastruktur-Projekte sowie in die Landwirtschaft.
Nun muss die Behörde einen neuen Entwurf vorlegen. Sie hoffe auf eine Einigung bis Jahresende, erklärte Budgetkommissarin Kristalina Georgieva: "Das schulden wir den europäischen Bürgern." Der Vorschlag soll "in den kommenden Tagen" erarbeitet werden. Es werde dabei um den Haushalt für das kommende Jahr gehen, präzisierte ein Sprecher.
Offene Rechnungen
Doch das allein würde den Streit nicht unbedingt ausräumen. Denn nicht nur die Finanzen 2015 stehen zur Debatte. Vielmehr verknüpft das Abgeordnetenhaus die Zustimmung zu den künftigen Zahlungen mit einer Einigung auf den Nachtragshaushalt des laufenden Jahres. Auch dabei zeichnet sich bisher kaum eine Annäherung ab.
Umstritten sind unter anderem Rückstände in einer Höhe von 4,7 Milliarden Euro, die die Kommission zur Begleichung von Förderungen fordert, auf die sich die EU-Institutionen zuvor geeinigt hatten. Einen Teil der fehlenden Mittel würden Strafen decken, die den Ländern für die Nicht-Einhaltung von EU-Gesetzen auferlegt wurden. Doch die zu Haushaltsdisziplin verpflichteten Staaten würden das Geld lieber behalten.
Das empört einige EU-Parlamentarier. Die Überlegungen in den Hauptstädten seien "inakzeptabel", heißt es aus den Reihen der Europäischen Volkspartei. Außerdem werfen sie einen Schatten auf künftige Vorhaben, wie das Investitionsprogramm, das EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker versprochen hatte. Das Paket in einem Umfang von 300 Milliarden Euro sieht etwa der ÖVP-Abgeordnete Paul Rübig in Gefahr. "Wenn die Mitgliedstaaten noch nicht einmal ihre ausstehenden Rechnungen aus dem laufenden Jahr bezahlen wollen, muss man ihre Ernsthaftigkeit hinterfragen", befand er. Die Grüne Parlamentarierin Helga Trüpel warnte gar vor einem "finanziellen Kollaps" der EU. Der Verhandlungsführer der Volksvertretung, Jean Arthuis, wiederum rechnete vor, dass bei einer Fortschreibung der bisherigen Budgetplanung die Kommission in einem Jahr unbezahlte Rechnungen in einer Höhe von bis zu 30 Milliarden Euro angehäuft haben würde.
Zusätzlich erschweren die Verhandlungen auch noch Nachforderungen für den gemeinsamen Haushalt, die sich aus jährlichen Anpassungen ergeben und die für einige Länder heuer besonders hoch ausfallen. Großbritannien etwa müsste rund zwei Milliarden Euro nachzahlen, die Niederlande hätten etwas mehr als 640 Millionen Euro zu überweisen. Das Geld wäre am 1. Dezember fällig, doch soll es einen Aufschub und die Möglichkeit von Ratenzahlungen geben. Einen Zahlungsplan sollen die interessierten Länder zwar erst bis Monatsende der Kommission vorlegen, doch dürfte London bereits fixiert haben, die Raten am 1. Juli und 1. September 2015 begleichen zu wollen.