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Stadtwerke-Vorstand Peter Weinelt spricht in seinem ersten Interview über unrentable Kraftwerke und den harten Sparkurs.
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Wien. Peter Weinelt gewinnt bei den Wiener Stadtwerken immer mehr an Einfluss. Nachdem der 50-Jährige vor vier Jahren als Geschäftsführer die Strom-, Gas und Fernwärmeleitungen erfolgreich in den Wiener Netzen gebündelt hat, stieg er 2016 in den Vorstand der Wiener Stadtwerke auf. Im März übernahm Weinelt die Energieagenden von Robert Grüneis, vorgestern folgte seine Bestellung zum Aufsichtsrat des Stromkonzerns Verbund. In dieser Funktion folgt er auf seinen Vorstandskollegen Martin Krajcsir.
"Wiener Zeitung":Sie sind seit März für den Energiebereich bei den Wiener Stadtwerken alleinverantwortlich. Haben Sie sich schon eingearbeitet oder war das gar nicht notwendig?Peter Weinelt: So abgehoben sollte man nie sein. Bei dem dynamischen Wandel der Branche gibt es immer etwas Neues, es ist ein ewiges Einarbeiten. Aber ja, ich hatte in meiner Vergangenheit bei Wienstrom schon mit Erzeugungspark Wien Energie, Fernwärme und dem Vertrieb zu tun.
Der Wandel der Branche erfordert auch eine Anpassung der Gesetze. Die kleine Ökostromnovelle, die dringende Probleme im Bereich der Erneuerbaren löst, wurde noch immer nicht beschlossen.
Mit der kleinen Ökostromnovelle wurden alle Interessen untergebracht. Es wäre wichtig, dass das jetzt durchgeht. Die nächste Möglichkeit hat der Nationalrat dazu im April. Ich hoffe sehr, dass man bis dahin zusammenfindet.
In der kleinen Novelle ist auch eine Passage enthalten, die es dem österreichischen Übertragungsnetzbetreiber APG ermöglicht, thermische Kraftwerke langfristig unter Vertrag zu nehmen, um das Stromnetz in kritischen Phasen stabil zu halten. Ist das in Ihrem Interesse?
Ich halte das für eine gute Lösung für Österreich. Der kalte Winter hat gezeigt, dass wir die thermischen Kraftwerke in kritischen Situationen brauchen. Die APG musste für zwei Wochen die gelbe Sicherheitsstufe ausrufen, nach dem Ampelsystem bedeutet das Gefahr für die Versorgungssicherheit. Die Passage in der Novelle ist also die logische Konsequenz: Wir müssen die Kraftwerke längerfristig absichern, weil allein vom Strompreis würden sie nicht überleben - die wirtschaftliche Entscheidung wäre sie einzumotten.
Gab es in Wien Pläne, Kraftwerke stillzulegen?
Natürlich haben wir uns das auch überlegt. Genauso wie es österreichweit getan wurde, siehe Verbund in Mellach. Aber wir können unsere Kraftwerke nicht einfach so stilllegen, weil sie auch Fernwärme liefern und wir sonst ein Wärmeversorgungsproblem hätten. Aber die neue Regelung gibt uns jetzt die Sicherheit, dass es Einsatzstunden und damit auch Einnahmen geben wird. Damit tut man sich etwas leichter, den Betrieb weiterzuführen. Es reicht aber nicht, um eine Neubauentscheidung zu treffen.
Wäre eine solche notwendig?
Jede technische Einheit erreicht irgendwann einmal ihr Lebensende. Die ältesten Blöcke im Kraftwerk Simmering sind 1992 in Betrieb gegangen. Die anderen sind ein bisschen jünger, aber nicht viel - die werden dann nacheinander bis 2030 fällig. Also müssen wir im Laufe des kommenden Jahrzehnts die Entscheidung treffen, ob wir einen neuen Block bauen oder eine andere Lösung finden. Deswegen ist es ganz wichtig, hier ein bisschen Luft zu bekommen.
Bis zum kommenden Jahrzehnt kann sich diesbezüglich ja noch viel ändern.
Könnte. Aber momentan sehe ich nicht, dass die Strompreise so steigen, dass man die Investitionen für ein Kraftwerk verdienen kann. Außerdem sind nach der Management-Entscheidung, ein Kraftwerk zu bauen, es zu planen, auszuschreiben, es zu realisieren, ans Netz anzuschließen schon schnell einmal zehn Jahre vergangen. Und das auch nur, wenn alles gut läuft. Denn man braucht auch die ganze Infrastruktur rundherum, wie eine Brennstoffversorgung oder Gaspipelines und so weiter.
Von welchen Investitionssummen sprechen wir?
Von jeweils dreistelligen Millionen-Euro-Beträgen. Der letzte Block hat in etwa 250 Millionen Euro gekostet.
Doch bevor investiert wird, muss gespart werden: Die für die Stadtwerke zuständige Stadträtin Ulli Sima hat eine Durchleuchtung der Strukturen des Konzerns initiiert. Wie kommt die voran?
Wir sind weiter, als wir in der Planung gehofft haben, aber noch in der Umsetzung. Voriges Jahr haben wir einen Personalabbau von 900 Mitarbeitern begonnen, der mit 2018 endet. Etwa zwei Drittel davon sind bei den Wiener Netzen betroffen, der Rest teilt sich auf Wien Energie und Holding auf. Auch den Vorstand haben wir von vier auf drei verkleinert, Anfang 2019 werden es nur mehr zwei sein.
Wo genau gibt es das Einsparungspotenzial?
In der Verwaltung, bei Dienstleistungen wie der Gehaltsverrechnung für die gesamten Stadtwerke. Bei den Wiener Netzen haben wir auch ein riesen Sachkostenthema. Zum Beispiel steuern wir nun das Gas- und Stromnetz von einer Stelle aus. Früher waren es drei Standorte. Sieben weitere Standorte haben wir ebenfalls geschlossen und zusammengezogen. Bei der Wien Energie reduzieren wir Fremdleistungen, weil sich gezeigt hat, dass diese nur im ersten Augenblick billiger sind. Sobald der externe Partner weiß, dass wir nicht die Ressourcen haben, es selbst zu machen, erhöhen sich die Preise.
Langjährigen Mitarbeitern soll der Abschied versüßt werden. Angeblich gibt es 80 Prozent des Letztbezuges und weiteren Einmalzahlungen. Wie viel kostet das?
Das ist ein Mythos, der sich hält. Das mag früher so gewesen sein, heute gibt es das nicht mehr. Auch die Frühpensionierungen sind keine Menschen, die gerade dem Teenageralter entsprungen sind, sondern um die 60 und haben in Schicht- und Nachtdienste gearbeitet. Extrawürschtel gibt es nur in der Werbelinie der Wien Energie, sonst nicht. Der Sozialplan kostet einen kleineren einstelligen Millionen-Euro-Betrag. Die Einsparungen betragen dafür ab Ende 2018 bei der Wien Energie 86 Millionen Euro jährlich, bei den Wiener Netzen 60 Millionen Euro jährlich.
Werden die Wiener Netze beim Ausbau der digitalen Stromzähler, Smart Meter, die vom nationalen Gesetz vorgegebene Vorgabe von 95 Prozent bis 2019 erreichen?
Das wird nicht erreicht werden. Der Auftrag wird heuer vergeben, das Systems eingerichtet und dann die etwa 1,5 Millionen Stromzähler installiert. Unser Ziel ist es die EU-Richtlinie zu erfüllen - und das sind 80 Prozent der Haushalte.
Zur Person
Peter Weinelt,
geboren 1966, hat Energietechnik an der TU-Wien studiert. Er ist seit März Vorstandsdirektor der Wiener Stadtwerke Holding AG und sitzt seit dieser Woche im Verbund-Aufsichtsrat.