Prince starb an einer Überdosis Fentanyl, das stärker wirkt als Morphin. Tausende US-Bürger sind süchtig nach Opioiden - in Österreich "kein Thema".
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Washington/Wien. Im Lift zusammengebrochen, Todesursache unklar: So lauteten die ersten Meldungen nach dem Tod der US-Musiklegende Prince im April. Nun scheint sich zu bestätigen, was viele vermutet hatten: Der Popstar soll von starken, verschreibungspflichtigen Schmerzmitteln abhängig gewesen sein. Am 21.April verabreichte sich der 57-Jährige laut Gerichtsmedizinern eine Überdosis des Opioids Fentanyl - eines der stärksten Schmerzmittel der Medizin. Die Ermittler gehen allerdings nicht von einem Suizid aus, sondern von einem Versehen.
Auch US-Schauspieler Heath Ledger ("Brokeback Mountain") fiel 2008 einer solchen Sucht zum Opfer. Schauspielerin Winona Ryder und Musikerin Courtney Love gestanden ihre Abhängigkeit. Sie sind die bekanntesten Betroffenen einer Sucht, die Millionen von Amerikanern im Griff hat. In den USA reicht nämlich schon die Entfernung der Weisheitszähne, um ein solches Mittel verschrieben zu bekommen - viele Betroffene kommen von dem wohlig-schmerzfreien Opioid-High nicht mehr los.
Noch in den 1980er Jahren wurden Opioide wie Fentanyl fast ausschließlich nach Operationen oder bei Krebs verabreicht, in den 90ern wurden sie aber dann freizügiger verschrieben. Mittlerweile widerlegte Studien hatten damals angegeben, die Suchtgefahr sei gar nicht so groß. Familien und Freunde von Erkrankten griffen unbedarft zu den Schmerzpillen.
Die US-Gesundheitsbehörde CDC schätzt, dass 2013 zwei Millionen Amerikaner von Opioid-haltigen Medikamenten abhängig waren. In den vergangenen 20 Jahren habe sich die Zahl der Verschreibungen verdreifacht - ebenso wie die Zahl der Todesfälle. 2014 erreichte die Zahl der Toten durch Opioid-Schmerzmittel und durch das Comeback des chemisch eng verwandten Heroins den traurigen Rekord von über 28.400. Eine lange kaum beachtete Gruppe von Opfern sind auch die neugeborenen Babys abhängiger Mütter. Erste Kliniken stellen eigene Behandlungsräume für die extrem zitternden und schreienden Säuglinge ein. Einer Recherche des Senders NPR zufolge hat sich die Zahl der Opioid-abhängigen Neugeborenen von 2000 bis 2012 auf 21.000 Kinder pro Jahr verfünffacht.
Fentanyl wird als Schmerzmittel etwa für Krebspatienten verwendet, etwa wenn Tumore extreme Schmerzen verursachen. Die morphiumähnliche Substanz wirkt 100 bis 120 Mal stärker als Morphin. Beide wirken extrem schmerzlindernd und beruhigend, in der Notfallmedizin kommen sie auch bei schweren Verletzungen zum Einsatz. Anästhesisten verwenden Fentanyl außerdem oftmals zur Narkose.
Laut Experten kommt das extrem starke Mittel hierzulande kaum auf den Markt für Drogen. "In Österreich ist Fentanyl kein Thema", sagt Martin Busch von Gesundheit Österreich. Der Experte zeichnet alljährlich für den Österreichischen Drogenbericht verantwortlich, in dem statistisch erfasst wird, wie viele Suchtkranke aus welchen Gründen in Behandlung kommen und welche Suchterkrankungen für wie viele Menschen tödlich ausgehen. Demnach ist die Abhängigkeit von medikamentösen Opioiden unauffällig, und jene vom chemisch verwandten Heroin rückläufig. "Durch die Substitutionstherapie ist es gelungen, viele Menschen in Therapie zu bringen, und der Status als Kranke schreckt gleichzeitig Junge ab, damit anzufangen", sagt Busch zur "Wiener Zeitung".
"In Österreich ist der Umgang mit Opioiden wesentlich strenger geregelt als in den USA. Die Verschreibung ist den entsprechenden Erkrankungen vorbehalten, und es gibt ein Suchtmittelregister und spezielle Rezeptformulare", betont Wilfried Illias, Vizepräsident der Gesellschaft für Suchtmedizin. "Dass Fentanyl in Ampullen - wie Prince sie vermutlich hatte - hier auf den Markt kommt, ist extrem unwahrscheinlich." Der Anästhesiologe verweist auch auf die in Österreich wesentlich höhere Abhängigkeitsrate von Alkohol - eine Droge, die billiger ist.