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EZB-Experten prüfen Griechenland

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Radikaler Sparplan könnte nötig sein. | Hilfsmaßnahmen über 25 Milliarden Euro dementiert. | Umfrage: Griechen sind für Sparkurs. | Brüssel/Athen. (wot/red) Der Nervenkrieg um die Rettung Griechenlands vor der Staatspleite geht weiter: Seit Montag nehmen Experten der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds die griechischen Finanzen an Ort und Stelle unter die Lupe. Sie überprüfen, ob der von Athen angekündigte Sparplan ausreichen kann, um das enorme Budgetdefizit von zuletzt 12,7 Prozent noch heuer um vier Prozentpunkte und 2012 wieder unter den Referenzwert des Euro-Stabilitätspakts von drei Prozent zu drücken. Der Prüfbericht soll eine Entscheidungsbasis dafür sein, ob die EU-Finanzminister den Griechen Mitte März weitere Sparmaßnahmen auftragen.


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Wenig beruhigend wurden unterdessen die Aussagen des griechischen Regierungschefs Giorgos Papandreou gewertet, dass sein Land bis Mitte März keinen weiteren Kreditbedarf habe. Denn allein im April und im Mai muss Griechenland rund 20 Milliarden Euro umschulden. Und 20 bis 25 Milliarden Euro beträgt nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Spiegel" auch der Umfang von geplanten Hilfestellungen der Euro-Länder für den maroden Staat.

Noch keine Aufklärung über Goldman-Geschäft

Gemäß der Aufteilung der Anteile an der EZB entfielen davon rund 20 Prozent auf Deutschland, etwa zwei Prozent auf Österreich. Bei den anvisierten Hilfsmaßnahmen handle es sich um Kredite und Garantien. Der Bericht wurde vom Finanzministerium in Berlin umgehend dementiert: Es gebe keine konkreten Überlegungen zu Finanzhilfen der Euro-Länder an Griechenland, sagte ein Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble.

Dessen österreichischer Kollege Josef Pröll hatte letzte Woche zumindest erklärt, eine akkordierte Vorgehensweise für den Notfall werde ausgearbeitet. Bisher habe Griechenland jedoch um keine Hilfen gebeten, bekräftigte der Sprecher von Wirtschaftskommissar Olli Rehn am Montag.

Die von Rehn bis letzten Freitag verlangten Auskünfte über die Fremdwährungsgeschäfte der Griechen mit der US-Investmentbank Goldman Sachs seien darüber hinaus noch nicht eingetroffen. Der finnische Kommissar wollte Klarheit darüber, ob Griechenland damit in der Vergangenheit noch höhere Budgetdefizite verschleiert hat, als ohnehin schon bekannt. Schuld an der Fristüberschreitung sei just ein Streik im Finanzministerium, hieß es aus Athen.

Nur 29 Prozent sehen die Lasten fair verteilt

Das Land sei bei Bedarf zu härterem Sparen bereit, so Notenbank-Chef Giorgos Provopoulos: "Wenn einige Risiken eintreten sollten - etwa beim Wachstum -, ist die Regierung bereit, sofort korrigierend einzugreifen."

Laut einer Meinungsumfrage halten es fast 58 Prozent der Griechen für richtig, den Gürtel enger zu schnallen. Mehr als 74 Prozent sind sogar der Meinung, dass die Regierung zu langsam reagiert habe. Allerdings finden nur 29 Prozent, dass die Lasten fair verteilt werden.

Die zwei größten Gewerkschaften, die rund die Hälfte der Beschäftigten vertreten, halten indes an ihren Plänen fest, am Mittwoch mit einem eintägigen Generalstreik gegen die Sparpläne zu protestieren.