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EZB mit Vorbildfunktion

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Das Anleihekauf-Programm der Europäischen Zentralbank wird den Banken und den südeuropäischen Ländern helfen. Beides ist notwendig, unabhängig davon, wie viel Geld die EZB dafür in die Hand nimmt. In Europa werden die Refinanzierungskosten für die Banken sinken, in Südeuropa werden dadurch die Unternehmen entlastet. Beide Effekte sollen - so die Hoffnung von EZB-Chef Mario Draghi und seinen Kollegen - Investitionen ankurbeln und das Wachstum beschleunigen.

Mit dieser Maßnahme hat sich die EZB recht weit aus dem Fenster gelehnt. Es gibt Kritik, auch aus der Politik. Genau das ist eher seltsam, denn ob das EZB-Programm die gewünschten Erfolge bringt, wird im Wesentlichen von der europäischen Politik abhängen. Nun sind die Regierungen und Institutionen gefordert, sich an die Seite der EZB zu stellen. Das Gerede um die Schwäche des Euro ist Unsinn, denn gerade ein schwacher Euro ist derzeit ein Stimulus. Vor allem die Exportwirtschaft profitiert davon erheblich.

Es liegt nun an der Politik, für ein "investitionsfreundliches Umfeld" zu sorgen, wie das so schön heißt. Italiens Regierungschef Matteo Renzi hat es in Davos auf den Punkt gebracht: Alle wollen wachsen, nur Europa will sparen.

Von den 28 Regierungen der Europäischen Union wird es auch abhängen, ob Jean-Claude Junckers 315-Milliarden-Euro-Plan aufgeht.
Das Geld wird aufzutreiben sein, die große Frage wird lauten: Wofür? Je besser die eingereichten Projekte, desto stärker der Effekt auf die Arbeitsmärkte.

Und die Ministerien und Behörden der EU-Mitgliedsländer sind auch heftig aufgefordert, ihren Widerstand gegen integrierte Märkte aufzugeben. Im Energie- und Telekommunikationsbereich braucht es einen Binnenmarkt. Ein Großteil der vielen nationalen Abschottungsmaßnahmen innerhalb der EU kostet Geld, Wachstum und Jobs. Und die EU braucht auch eine funktionierende Fiskalunion. Auch die Steuervermeidungsbestimmungen der Mitgliedsländer kosten zu viel Geld - und damit Wachstum und Jobs.

Die EZB öffnet die Geldschleusen und hält die Zinsen niedrig. Recht viel mehr kann sie nicht mehr machen. Nun ist die europäische Politik am Zug. Sie muss aufhören, Wein in Wasser zu verwandeln, sondern sollte es umgekehrt versuchen. Das bedeutet Verlust an nationaler Souveränität, aber auch deutlich weniger Arbeitslose.