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Wie Mario Draghi, der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), mit einer - bei oberflächlicher Betrachtung - banal wirkenden Aussage weltweit die Finanzmärkte in Euphorie versetzen kann, ist schon bemerkenswert: "Innerhalb unseres Mandats ist die EZB bereit, alles Erforderliche zu tun, um den Euro zu erhalten - und, glauben Sie mir, das wird ausreichen", hatte Draghi am Donnerstag erklärt. Dazu noch ein zarter Wink in Richtung des derzeit ruhenden EZB-Programms zum Kauf von Staatsanleihen kriselnder Euroländer - und ab ging die Post: Weltweit stiegen nicht nur an den Aktienbörsen die Kurse - und das teilweise massiv: Auch die Devisen-, Anleihen- und sogar die Rohstoffmärkte gerieten in Bewegung.
Diese Reaktion zeigt indirekt zwei große Probleme auf, die die Eurozone bei der Bekämpfung der Krise hat: Einerseits halten viele Beobachter die europäischen Entscheidungsmechanismen, bei denen naturgemäß zahlreiche Staaten politisch involviert sind, für viel zu langwierig. Die EZB sticht hier als Institution heraus, die Ankündigungen vergleichsweise rasch in die Tat umsetzen kann.
Andererseits spiegelt sich darin auch die Ansicht wider, dass am Ende des Tages ohnehin die Zentralbank Geld drucken und die Staaten finanzieren muss. Das halten vor allem Investoren aus dem US-Raum für das Natürlichste der Welt, jeder Schritt in diese Richtung wird euphorisch begrüßt. Umso größer ist dann aber die Enttäuschung, wenn Deutschland - als wichtigstes Land der Eurozone - sich in schöner Regelmäßigkeit dagegen ausspricht und aufkeimende Hoffnungen platzen lässt wie eine Seifenblase.
Genau das ist auch der kritische Punkt bei den jetzigen Aussagen Draghis: Der EZB-Chef hat so hohe Hoffnungen geweckt, dass auf die Worte nun Taten folgen müssen, sonst droht ein Absturz an den Märkten. Die Zentralbank könnte - wie schon früher - unter Zuhilfenahme einer Ausrede Staatsanleihen von Krisenländern in einem gewissen Ausmaß kaufen.
Außerdem wären weitere Zinssenkungen oder zusätzliche massive Billigkredite für Europas Banken denkbar. Angesichts der Risiken in dreistelliger Milliardenhöhe, die in Form von Anleihen und anderen Papieren aus den Problemländern bereits in der EZB-Bilanz stecken, muss jedenfalls bei jedem Richtungsentscheid in der Krisenbekämpfung auch die Situation der Zentralbank selbst mitbedacht werden.