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EZB sorgt mit Stresstest für Klarheit

Von Reinhard Göweil

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Chefredakteur Reinhard Göweil.

Doch die Lösungen muss die Politik liefern.


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Die Ergebnisse des EZB-Stresstests sind ziemlich erwartungsgemäß ausgefallen. Wer die schwachen Banken in Europa sind, haben die Finanzmärkte wohl davor auch schon gewusst. Die 25 Institute am Pranger, und vor allem die 13 wirklich schwachen werden sich ärgern, dass sie nicht imstande waren, rechtzeitig davor Kapital aufzunehmen. Nun stehen sie namentlich auf Seite 10 des EZB-Reports über den "Asset Quality Review", wie er im Banker-Jargon genannt wird. Das macht die Kapitalaufnahme nicht leichter, vor allem nicht billiger. Aber auch Institute, die nur knapp durchgekommen sind, wie die deutsche Genossenschafts-Bank DZ, werden bei künftigen Kapitalmaßnahmen wohl ihre Not haben.

Der Stresstest wird Europas Bankenlandschaft verändern, es wird zu Fusionen, Übernahmen und Änderungen im Geschäftsgebaren kommen. Die Investmentbanken und Hedge Fonds können sich jetzt schon freuen, sie werden dabei ein gutes Provisionsgeschäft machen.

Ob allerdings der Plan der Europäischen Zentralbank aufgeht, dass es in den 105 "Guten" auch bei schlechter Konjunktur keine Ausrede mehr für mangelnder Kreditvergabe an die Unternehmen gibt, könnte sich als Irrtum erweisen. Die EZB will ja, dass die Realwirtschaft mehr investiert, viele Firmen beklagen sich allerdings, dass es unmöglich sei, an Kredite dafür zu kommen.

Faktum ist aber auch, dass die Kreditnachfrage in Europa schwach ist. Die Banken könnten 50 Prozent Eigenkapital haben, und würden das Geld nicht los, wenn die Unternehmen lahmen. Aus unterschiedlichen Gründen: Viele grenzüberschreitende Konzerne horten seit Beginn der Krise Geld, ihre Cash-Bestände liegen höher als vor 2008. Wenn die also zu investieren beginnen, brauchen sie deutlich geringere Bankkredite als früher – doch sie beginnen nicht zu investieren.

Hier ist die Politik gefragt, und EZB-Präsident Mario Draghi hat das am Freitag den EU-Regierungschefs in Brüssel nachdrücklich erklärt und ans Herz gelegt. Europa braucht Optimismus, und nicht endlose Richtungsdiskussionen. Diesen Optimismus muss auch die Politik befeuern, etwa in Form von Investitionsanreizen. Sparpolitik nur einer statistischen Messgröße wegen gehört nicht dazu. Die öffentlichen Investitionen sind auch in den stabilen EU-Ländern erschreckend niedrig. Wenn der Staat stur spart, wer will es den Unternehmen verdenken?

Auf der anderen Seite ist die Finanzpolitik dringend angehalten, das sogenannte "Basel III"-Regime auszusetzen. Es schreibt den Banken recht üppige Kapitalunterlegungen gestaffelt nach Bonität des Schuldners vor. In der kleinbetrieblichen Struktur vieler EU-Länder, darunter auch Österreich, ist dies ein Hemmnis, das schwerer wiegt als mögliche Kreditausfälle.

Der Stresstest der EZB hat Klarheit geschaffen, ja. Aber die Lösung der Probleme ist er nicht. Dazu muss die europäische Politik beitragen, indem sie mutige und unkonventionelle Lösungen findet, um die Wirtschaft zu höherer Investitionstätigkeit zu ermuntern.

Ob die EU-Regierungschefs am Freitag die Botschaft Draghis verstanden haben, wird sich im Dezember zeigen. Kommissionspräsident Juncker hat es, sein 300-Milliarden-Investitionsprogramm ist ein richtiger Schritt, wenn es allen Kleinbetrieben zugute kommt, und nicht nur der Bauindustrie.

Anmerkung in eigener Sache:
Dieser Kommentar wurde am Sonntag, den 26.10. um 13 Uhr verfasst.