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EZB vor achtem Zinsschritt in Folge

Wirtschaft

Euro-Wächter heben Schlüsselsätze diese Woche wohl um 0,25 Prozentpunkte an. Fed dürfte beim Erhöhen pausieren.


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Mit Spannung blickt die Finanzwelt diese Woche nach Washington DC und Frankfurt, wo wichtige Zinsentscheidungen im Kampf gegen die anhaltend hohe Inflation anstehen. Am Mittwoch verkündet die US-Notenbank Fed ihren Beschluss, am Donnerstag dann die Europäische Zentralbank (EZB). Während die Währungshüter der Eurozone die Leitzinsen wohl erneut hinaufsetzen werden, könnte es sein, dass ihre Kollegen jenseits des Atlantiks nach der raschen Abfolge von Zinserhöhungen diesmal eine Verschnaufpause einlegen.

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Unter Fachleuten gilt im Fall der EZB eine Anhebung um 0,25 Prozentpunkte wie im Mai als so gut wie fix. Es wäre bereits der achte Schritt in Serie, nachdem die Euro-Wächter im Juli 2022 nach Jahren einer extrem lockeren Geldpolitik auf einen Erhöhungszyklus umschwenkten. Alles in allem hätten die Frankfurter Notenbanker die Schlüsselzinsen dann um 4,00 Prozentpunkte (400 Basispunkte) nach oben geschraubt. Damit würde auch der Zinsgipfel aus der Sicht von Finanzmarktexperten immer näher rücken.

Stabilitätsziel noch weit weg

"Wir erwarten eine weitere Anhebung um 25 Basispunkte - mit der klaren Botschaft, dass es noch viel zu tun gibt, aber ohne ein genaues Signal, ob dies eine oder mehrere weitere Anhebungen bedeutet", sagte Ruben Segura-Cayuelo, ein Ökonom der Bank of America, der Nachrichtenagentur Reuters. Volkswirt Mohit Kumar von der US-Investmentbank Jefferies geht für die kommende Sitzung ebenfalls davon aus, dass die EZB ihre Geldpolitik abermals strafft. Wobei er es jedoch für "unwahrscheinlich" hält, "dass Notenbankchefin Christine Lagarde einen Hinweis auf eine Zinserhöhungspause im Juli gibt, die der Markt bisher erwartet".

Denn noch ist die EZB von ihrem auf 2 Prozent lautenden Inflationsziel, das sie mit Preisstabilität gleichsetzt, weit entfernt. Im Mai hat sich die Teuerung im Euroraum zwar abgeschwächt. Mit 6,1 Prozent - nach 6,9 Prozent im April - war sie aber immer noch gut dreimal höher als der EZB-Zielwert. Auch die Kerninflation, in der die schwankungsreichen Preise für Energie und Nahrungsmittel nicht berücksichtigt sind, war im vergangenen Monat mit 5,3 Prozent noch viel zu hoch, als dass sich die Notenbanker der EZB als oberste Hüter des Eurosystems bereits zurücklehnen könnten.

Dauer der Inflationswelle?

Erst kürzlich sagte EZB-Direktorin Isabel Schnabel der belgischen Zeitung "De Tijd", dass die Europäische Zentralbank bei den Zinsen noch nachlegen müsse, da mit Blick auf die Dauer der Inflationswelle hohe Unsicherheit herrsche. Wenn sich die Inflation einmal festsetze, sei es viel kostspieliger, sie zu bekämpfen.

Volkswirte, die von Reuters befragt wurden, erwarteten zuletzt, dass die EZB die Zinsen nicht nur jetzt im Juni um 25 Basispunkte anheben wird, sondern in diesem Ausmaß auch im Juli. Danach dürfte sie eine Zinspause einlegen. Vor diesem Hintergrund spekuliert der Geldmarkt bereits auf erste Zinssenkungen im kommenden Jahr, was manche Analysten aber als "womöglich zu überschwänglich" einstufen.

Alles andere als einfach ist derzeit für die EZB auch die Einschätzung, wie sich die Konjunktur in der Eurozone weiterentwickelt. Die Inflation mit Zinserhöhungen zu bekämpfen, ist das eine. Das andere ist, die Konjunktur dabei nach Möglichkeit nicht abzuwürgen. Zuletzt ist die Eurozone bereits in eine technische Rezession abgerutscht, was bedeutet, dass ihre Wirtschaftsleistung zwei Quartale in Folge schrumpfte. Dennoch erwarten von Reuters befragte Volkswirte, dass sich die Konjunktur erholen und die Eurozone im weiteren Jahresverlauf in jedem Quartal um je 0,2 Prozent wachsen sollte. Viel wird für die geldpolitischen Entscheidungen der EZB davon abhängen, wie stark die Konjunkturflaute bereits eine Folge der bisherigen Zinsschritte ist und mit welcher Verzögerung die Anhebungen wirken.

Zinspause in den USA möglich

Anders gelagert ist die Situation in den Vereinigten Staaten. Die dortige Notenbank, die Federal Reserve (Fed), hat zwar auch verspätet auf die ausufernde Inflation reagiert, nämlich im März 2022, damit aber doch mehrere Monate früher als die EZB. Seither hob die Fed die Zinsen bereits zehn Mal hintereinander an, um dem kräftigen Preisauftrieb Paroli zu bieten und den heiß gelaufenen Arbeitsmarkt wieder abzukühlen. Nach dieser rasanten Serie dürfte sie nun aber eine Pause einlegen. Die Finanzbranche hat sich bereits darauf eingestellt, dass die US-Währungshüter die aktuelle Zinsspanne von 5,00 bis 5,25 Prozent diesen Mittwoch unverändert lassen.

Großen Einfluss auf den Fed-Entscheid werden freilich die am Dienstag erwarteten Inflationsdaten für Mai haben. Christoph Balz und Marco Wagner, Ökonomen der Commerzbank, gehen davon aus, dass die Rate wohl bei "gut 4 Prozent" landen wird (nach 4,9 Prozent im April). Sollte der Preisauftrieb weiter an Kraft verlieren, kann die Fed dies als Etappensieg feiern. Ihr Ziel einer Teuerungsrate von 2 Prozent ist damit allerdings noch immer nicht erreicht.

Mit einer Pause könnten die Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell Zeit gewinnen, die eingehenden Konjunkturdaten in Ruhe zu sichten und danach zu entscheiden, ob eine weitere Straffung noch notwendig ist, wie Analysten erklären. Die US-Wirtschaft hat im abgelaufenen ersten Quartal auf das Jahr hochgerechnet um 1,3 Prozent zugelegt. Das Wachstum hat sich damit bereits halbiert: Ende 2022 reichte es noch zu einem Plus von 2,6 Prozent. Überdies trübt sich der Ausblick ein.(kle)