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Facebook zeigt seine Macht

Von Bernhard Baumgartner

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Wenn Sie diesen Text lesen, besteht eine gute Chance, dass Sie darauf aufmerksam geworden sind, weil er in Ihrer Timeline bei Facebook angezeigt worden ist. Sie sollten diesen Moment bewusst wahrnehmen, denn das könnte sich sehr bald ändern. Denn Facebook hat entschieden, dass die Dinge, die Ihre "echten" Freunde posten, für Sie wichtiger sind als die Dinge, die Medienunternehmen posten, die Sie genau deshalb abonniert haben. Es kann also gut sein, dass Facebook nun für Sie die Entscheidung getroffen hat, Sie souzusagen ins digitale Biedermeier zu schicken, wo Sie sich dann ausgiebig den Katzenbildern, dem neuen Auto des Nachbarn oder den ersten Fahrrad-Versuchen des Sohns ihres Arbeitskollegen widmen können. Ist ja auch viel entspannender, als sich durch die Folgen des Brexit oder die jüngsten Terroranschläge zu quälen. Wenn Sie sich jetzt zu Recht fragen, wie Facebook eigentlich dazu kommt, ungefragt solche Verschiebungen durchzuführen, wird man Ihnen dort sagen, dass die 1,65 Milliarden Nutzer ja eh abgestimmt haben: durch ihr Nutzungsverhalten nämlich. Zumindest sind das die Schlüsse, die Zuckerberg und Co. aus den Klicks ziehen, die sie untersucht haben. Dass Facebook Studien zufolge für 44 Prozent der US-Amerikaner Hauptnachrichtenquelle ist, sei nur nebenbei gesagt. Dass der Konzern immer noch nicht einsehen will, dass mit Marktmacht auch eine gewisse demokratische Verantwortung verbunden ist, ist schon ein ziemlicher Skandal. Wer Erfolg hat, darf sich nicht so leicht aus der Verantwortung stehlen. Ein Zurück ins digitale Biedermeier darf es nicht geben.