Man hätte das Problem längst an der Wurzel packen können.
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Bereits in den 1980er Jahren ist mir aufgefallen, dass die Lehrlinge als Zielgruppe im Wahlkampf der ÖVP eine unbekannte Größe waren. Die Lehrlinge waren bereits damals in aller Munde, aber keiner der politischen Akteure kannte einen Lehrling persönlich. Ich war damals Werbeleiter der ÖVP und Othmar Karas Chef der Jungen ÖVP (JVP). Da mir Daten fehlten, mischte ich mich selbst unter die Zielgruppe - und war überrascht, dass vor allem die gewerbliche Selbständigkeit bei den gewerblichen Lehrlingen, also den zukünftigen Facharbeitern, einen hohen Stellenwert hatte. Rasch wurde klar, dass es zwei große Hürden auf dem Weg in die Selbständigkeit gab: das negative Image des Handwerks und das Fehlen von Eigenkapital für die Unternehmensgründung nach der Meisterprüfung.
Als Abhilfe für diese beiden negativen Ausgangspunkte kam ich zu dem Ergebnis, dass ein Modell, basierend auf der Idee des Bausparens, beide Schwachstellen entschärfen könnte. Als ein staatlich gefördertes Projekt zur frühzeitigen Eigenkapitalbildung wurde das Projekt "Freisparen (Gründungssparen) für eine neue Gründerzeit" vorgeschlagen.
Das Ziel war es, bereits die Pflichtschulabgänger auf die Chancen, aber auch auf die Herausforderungen einer künftigen beruflichen Selbständigkeit vorzubereiten. Die Berufseinsteiger sollten ermutigt werden und mit Hilfe der Großeltern und Eltern monatlich, so wie beim Bausparen, einen erschwinglichen Betrag einzahlen, um dann nach der Meisterprüfung über einen sonst nicht vorhandenen Sockel an Eigenkapital - das neben einer guten Ausbildung einen wesentlichen Punkt zum unternehmerischen Überleben darstellt - zu verfügen.
Mit Unterstützung von drei österreichischen Banken wurden drei Modellvarianten erarbeitet, und am 8. November 1989 wurde im Nationalrat der entsprechende Antrag zum "Bundesgesetz über die Förderung von gewerblichen Unternehmungsgründungen (Freispargesetz)" eingebracht. Tatsächlich hat der Nationalrat die Gesetzesinitiative der ÖVP-Abgeordneten Walter Heinzinger, Ingrid Korosec und Werner Fasslabend niemals beraten und zur Abstimmung gebracht, da offenbar die damalige Regierungspartei SPÖ der ÖVP keinen Erfolg im Bereich der Lehrlinge ermöglichen wollte. Allerdings hat auch die ÖVP selbst später, als sie als Juniorpartner mit den Ministern Wolfgang Schüssel, Johannes Ditz, Johann Farnleitner und anderen mitregieren durfte, diesen greifbaren und von den eigenen Parteifreunden eingebrachten Gesetzesantrag ignoriert und damit 40 Jahre Zeit verloren.
Hätte man bereits zügig ab 1990 mit der Umsetzung dieses pädagogisch und ökonomisch hinterlegten Projektes begonnen, dann wären heute, mehr als 30 Jahre später, bereits die ersten erfolgreichen gewerblichen Unternehmensgründungen und als Nebenprodukt zahlreiche Facharbeiter und Meister am Markt etabliert. Jetzt, bei steigenden Zinsen, hat die von der ÖVP angeführte Bundesregierung wieder die Chance, eine sich bietende Gelegenheit zur Hebung des Ansehens des Lehrberufes zu verschlafen. Und mit Sicherheit wird das auch diesmal der Wirtschafts- und Arbeitsminister in alter Tradition tun.