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Fachkräften von morgen wird das Arbeiten schwer gemacht

Von Victoria Frühwirth

Wirtschaft

Der Tourismus vergrault seine Pflichtpraktikanten mit schlechten Jobbedingungen.


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Als Kellnerin beim Heurigen oder als Rezeptionistin im Hotel - jeder Schüler einer berufsbildenden Schule muss Pflichtpraktika absolvieren. Laut einer Studie des Österreichischen Instituts für Berufsbildungsforschung (OIBF) werden die Fachkräfte von morgen dabei allerdings oft nicht gut behandelt.

Die gute Nachricht ist zwar, dass sich die Pandemie kaum auf Pflichtpraktika ausgewirkt hat, denn 94 Prozent der befragten rund 5.600 Schüler aus berufsbildenden mittleren und höheren Schulen haben ihren Sommerjob vollständig absolviert. Die Suche nach einem solchen Praktikumsplatz gestaltete sich jedoch oft mühsam. Ein Drittel der Teilnehmer gab an, dass dies schwierig bis sehr schwierig war.

"Jugendliche ohne elterliche Stütze sind leider weiterhin auf sich selbst gestellt", erklärt Gabriele Schmid, Leiterin der bildungspolitischen Abteilung der AK Wien in einem Pressegespräch am Dienstag dazu. Sechs von zehn Schülern hätten mit Hilfe von Familie, Eltern oder Bekannten eine Praktikumsstelle erhalten. Erheblichen Druck bei der Praktikumsplatzsuche empfanden 44 Prozent der Befragten.

Unangemessene Arbeitsbedingungen

Mehr als jeder fünfte Praktikant erhielt zudem keine oder keine angemessene Bezahlung, bei HAK-Schülern war es sogar jeder Dritte. Weder von der Schule noch vom Arbeitgeber fühlten sich 41 Prozent der Schüler ausreichend über ihre Arbeitsrechte und -pflichten informiert. Jeder Zehnte erhielt nicht einmal einen Arbeitsvertrag. "Wer Fachkräfte in der Branche behalten will, muss schon während der Praktikumszeit korrekte Arbeitsbedingungen anbieten. Jugendliche über ihre Rechte und Pflichten als Arbeitnehmer aufzuklären, sichert einen respektvollen Eintritt in die Arbeitswelt", kritisiert Schmid. Der Großteil der Schüler nehme die Pflichtpraktika als positive Erfahrung wahr, betont die AK-Bildungsexpertin.

Die Tourismus-Branche steche jedoch als schlechtes Beispiel hervor. Grund dafür seien Überstunden und überproportional hohe Kosten, was Unterkunft, Essen und Arbeitsmittel betrifft. Immerhin 17 Prozent der Tourismus-Pflichtpraktikanten zahlten mehr als 100 Euro für Kleidung und Arbeitsmittel, einige mussten gar für die Unterbringungskosten aufkommen, die rund 200 Euro im Monat betragen können.

Gute Erfahrungen im Praktikum steuern wesentlich dazu bei, dass Fachkräfte auch künftig verfügbar sind. Dafür muss die Entscheidung zu einem bestimmten Beruf jedoch auch bestätigt werden. Allerdings fällt die Tourismus-Branche in Sachen Betreuung während des Praktikums erneut negativ auf: Überproportional viele Pflichtpraktikanten in diesem Bereich gaben in der Studie an, keine Ansprechpartner im Betrieb gehabt zu haben.

Bewertungssystem mit Feedback

Berend Tusch, Vorsitzender des Fachbereichs Tourismus bei der Gewerkschaft vida, meint dazu, es brauche "eine Art Feedbacksystem in den Fachschulen, vielleicht sogar ein Bewertungssystem. Die jungen Menschen müssen sich ernstgenommen fühlen. Es ist nämlich nicht egal, wie die Kolleginnen und Kollegen während ihrer Praktikumszeit behandelt werden."

Arbeiterkammer und Gewerkschaft fordern zudem mehr Angebote und Unterstützung bei der Praktikumsplatzsuche sowie ein verpflichtendes Praktikumsentgelt von mindestens 850 Euro pro Monat. Von der Tourismus-Branche verlangen sie bessere Arbeitsbedingungen, um keine Fachkräfte zu vertreiben. Konkret geht es um Personalaufstockungen, die selbstverständliche Kostenübernahme von Unterkunft, Arbeitskleidung und Verpflegung sowie die Planbarkeit von Dienstzuteilungen.