Im Vorjahr gaben die Österreicher 185 Millionen Euro für fair gehandelte Produkte aus.
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Wien. Im Supermarkt, in der Bäckerei, im Kaffeehaus, im Restaurant, im Bekleidungs- und Textilhandel: Fairtrade ist beinahe überall. Die Nische der Dritte-Welt-Läden hat die Nichtregierungsorganisation schon lange verlassen, das zeigen die Verkaufszahlen. Wurde von 1993, dem Jahr der Gründung, bis 2003 insgesamt ein Umsatz von rund 50 Millionen Euro erzielt, waren es im Vorjahr allein 185 Millionen Euro - um fast ein Viertel mehr als 2014.
Pro Kopf gab jeder österreichische Verbraucher 21,50 Euro für Produkte mit dem Fairtrade-Siegel - Kaffee, Schokolade, Blumen, Bananen - aus, verglichen mit 12 Euro in Deutschland. Flacht die Nachfragekurve nicht irgendwann wieder ab? "Davon sind wir noch weit entfernt", sagt Hartwig Kirner, Geschäftsführer von Fairtrade-Österreich im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Wir waren auf einer kurvigen Strecke unterwegs, jetzt liegt die Ebene vor uns, und wir geben Vollgas."
Die Geburtsstunde von Fairtrade Österreich schlug im März 1993. Elf vorwiegend entwicklungspolitisch tätige Organisationen, unter anderem die Arbeitsgemeinschaft Dritte-Welt-Läden, die Dreikönigsaktion und der Österreichische Entwicklungsdienst (ÖED), gründeten nach internationalen Vorbildern den gemeinnützigen Verein TransFair Österreich. Als erstes wurde ein Gütesiegel für fair gehandelten Kaffee aus benachteiligten Weltregionen vergeben. Um als "fairer Einkäufer" zu gelten, mussten für Arabica-Kaffee mindesten 126 US-Cent (14,5 Schilling) pro Pfund (0,453 Kilo) gezahlt werden. Das war etwa das Doppelte des damals aktuellen Weltmarktpreises.
Es folgten Tee, Kakao, Orangensaft, Schokolade, Honig, Bananen, Rohrzucker, Reis, Blumen und Baumwolle. 2003 führten bereits mehr als 2700 Geschäfte österreichweit, darunter rund 2000 Supermärkte, Produkte mit dem Fairtrade-Gütesiegel. 2011 erreichte der Jahresumsatz erstmals 100 Millionen Euro.
Heute verwenden über 100 Unternehmen in Österreich das Fairtrade-Siegel auf ihren Produkten. Mit dem Kauf von frischen Früchten, Getränken, Süßwaren, Snacks, Bekleidung und Heimtextilien - und seit neuestem auch Gold - unterstützen die Konsumenten Kleinbauern und Plantagenarbeiter in Lateinamerika, Asien und Afrika. Fairtrade garantiert ihnen faire Preise für ihre Produkte. Dazu hat die Organisation Fairtrade International, die alle nationalen Vereine eint, Standards entwickelt und unterstützt gemeinsam mit drei großen Produzentennetzwerken die Produzentenorganisationen dabei, eine Zertifizierung zu erwerben und aufrecht zu erhalten. Mehr als 100 geschulte Auditorinnen und Auditoren der Zertifizierungsstelle Flocert führen weltweit vor Ort die Kontrollen nach einheitlichen Verfahren bei allen relevanten Vertragspartnern durch.
Kirner sieht keinen Wettbewerb mit anderen unabhängigen Gütesiegeln. Das "Rainforest Alliance"-Gütesiegel beziehe sich auf Umweltaspekte, das "Utz"-Gütesiegel wird für nachhaltigen Anbau vergeben und beschäftigt sich mehr mit der Verbesserung der Produktionsbedingungen.
Bereits 10 Prozent Umsatzanteil im Außer-Haus-Markt
2015 wurden von österreichischen Herstellern 1260 Tonnen fairer Kakao (plus 38,3 Prozent) in der Schokoladenproduktion eingesetzt. 3136 Tonnen (plus 13,3 Prozent) Rohkaffee wurden verwendet, 17.190 Tonnen (plus 11,8 Prozent) Bananen und 43 Millionen fair gehandelte Rosen (plus 4,4 Prozent) verkauft.
In mehr als 1800 Cafés, Bäckereien, Hotels, Restaurants und Kantinen werden rund 10 Prozent des geschätzten Umsatzes mit Fairtrade-Produkten generiert. Die wichtigsten sind dabei Kaffee & Heißgetränke. Im vergangenen Jahr stellten unter anderem das Café Schwarzenberg und Eduscho/Tchibo auf Fairtrade im Ausschank um.