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Falafel-Essen mit deprimierten Therapeuten

Von Solmaz Khorsand

Politik
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Es gibt sie: die heimische Integrationslobby. Sie hat sich organisiert. Ihre Anzüge ausgepackt und ihren Jargon etabliert. Und ihren Zynismus entwickelt. Beim Integrationstag des "Vereins Wirtschaft für Integration" gab sich diese Lobby ein Stelldichein. Schließlich ist Wahljahr, da heißt es im großen Stil Netzwerken. Laie traf auf Experte, Theoretiker auf Praktiker und alle wähnten sich im selben Boot, wenn sie in Workshops in Wifi-Kurs-Manier ihre Zukunftsvorstellungen auf Flipcharts kritzelten. Müde klopften sich diese Männer und Frauen auf die Schultern, wenn sie Inhalte diskutierten, die sie seit Jahrzehnten predigen: Förderung von Mehrsprachigkeit, liberalerer Zugang zum Arbeitsmarkt, mehr demokratische Partizipationsrechte. Wie abgebrühte Therapeuten sprachen sie von ihrem Patienten, der heimischen Integrationsdebatte, deren Therapie kein Ende nimmt, weil ihnen entweder der richtige Ansatz fehlt oder niemand zuhören will.

Der Integrationstag bietet diesen Therapeuten eine Plattform, einen Ort, wo sie die Seele baumeln lassen können, sich darüber aufregen dürfen, wie sehr sie die Bezeichnung "mit Migrationshintergrund" anwidert, während sie deprimiert die trockene Falafel in ihr Humus tunken. "Wir sind keine Konferenz, wo viel gescheit geredet wird, am Abend sich alle wohlfühlen und am Ende ist nichts passiert", sagte der Veranstalter am Ende des Abends. Ob das alle so gesehen haben, ist fraglich. Denn sie wissen, dass der Patient mit ein paar Wohlfühlveranstaltungen noch lange nicht geheilt sein wird.