Jerusalem - In der israelischen Arbeiterpartei sind nach der Wahlschlappe und der nachfolgenden Rücktrittsankündigung von Ministerpräsident Ehud Barak am Dienstag der Vorwoche die Nachfolgekämpfe voll im Gange. Montag kündigte Wohnbau- und Kommunikationsminister Benjamin Ben-Eliezer, der in der Arbeiterpartei als "Falke" gilt, seine Kandidatur für den Parteivorsitz an. Bereits unmittelbar nach der Wahl hatte Parlamentspräsident Avraham Burg, der Barak skeptisch gegenüberstand und den Ruf einer "Taube" hat, seinen Anspruch für die Barak-Nachfolge an der Spitze der Arbeiterpartei angemeldet.
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Der aus dem Irak stammende Ben-Eliezer, der in den achtziger Jahren Militärgouverneur im Westjordanland war, ist davon überzeugt, dass er die zerstrittene Partei unter seiner Führung wieder einigen kann. Er befürwortet auch eine Koalition mit Sharon und teilt die Ansicht des Likud-Chefs, dass man solange keine Verhandlungen mit den Palästinensern führen soll, solange die Aufstände im Gaza-Streifen und im Westjordanland andauern.
Die Frage einer Koalition mit Sharon spaltet die Arbeiterpartei immer mehr. Justizminister Yossi Beilin, einer der Väter des Oslo-Abkommens von 1993, hatte - wie berichtet - schon in der Vorwoche damit gedroht, in diesem Fall mit einigen Parteikollegen aus der Arbeitspartei auszutreten und zusammen mit der linken Meretz-Partei, der Zentrumspartei und arabischen Gruppierungen eine neue sozialdemokratische Partei zu gründen. Die neue Parteigründung steht aber auch unter keinem guten Stern. Der Knesset-Abgeordnete Uzi Baram, der dieser Gruppe zugeordnet wird, gab nach 30 Jahren in der Politik seinen Rücktritt bekannt und trat für einen Generationswechsel in der Parteiführung an. Auch die Tochter des Helden des Sechstage-Krieges von 1967 und späteren Außenministers, Moshe Dayan, Yael Dayan, zögert noch.
Unklar ist auch, ob der noch amtierende Regierungschef Ehud Barak seinen angekündigten Rückzug aus der Politik nicht doch noch widerruft. Sharon möchte ihn gerne als Verteidigungsminister in seiner Regierung haben. "Ich weiß nicht, ob ich das Angebot nach meiner Rücktrittsankündigung annehmen kann" sagte Barak in einem TV-Interview.