Zum Hauptinhalt springen

Fall Auer-Welsbach - so geht es auch

Von Engelbert Washietl

Kommentare

Österreichs Justiz hat zumindest in einer Causa der Wirtschaftskriminalität den Kopf über Wasser bekommen. Die Öffentlichkeit wartet auf weitere Ergebnisse.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Die für 12.500 Anleger kostspielige Affäre um Wolfgang Auer-Welsbachs Finanzgruppe AvW Invest AG ist im Vergleich zu schier endlosen anderen bösen Wirtschaftsgeschichten geradezu eine Eintagsfliege: Börsegang 1999, Blitzstart in lichtvolle Höhen mit Bilanzsummen bis über 100 Millionen innerhalb weniger Jahre, Verhängung der Untersuchungshaft über Auer-Welsbach und Konkurs der AvW 2010, Verurteilung Auer-Welsbachs im Jänner 2011 wegen gewerbsmäßig schweren Betrugs, Untreue, betrügerischer Krida, Bilanzfälschung und Beweismittelfälschung zu acht Jahren Haft. Außergewöhnliche Zugabe: Der Angeklagte war zumindest zu Ende des Prozesses geständig, zeigte sich reuig und nahm das Urteil an.

Der oft wegen Verschleppung der meisten Wirtschaftsaffären gescholtenen Justiz - vor allem Querverbindungen zwischen Politik und Kriminalität bremsen ihr Tempo - ist es also im Fall Auer-Welsbach doch gelungen, einen erheblichen Schadensfall zeitlich überschaubar abzuhandeln. Vielleicht gerade deshalb, weil bei AvW die politische Dimension mehr oder

weniger fehlte.

Damit stößt man freilich schon wieder an den Fuß eines Berges unerledigter Angelegenheiten. Die juristischen Endlosschleifen sind zwar auch für die Verdächtigen, für die selbstverständlich die Unschuldsvermutung gelten muss, sehr belastend, aber immer noch angenehmer, als in Untersuchungshaft genommen oder gar verurteilt zu werden. Die Justiz arbeitet unabhängig und das soll auch so sein. Sie kann aber nicht verhindern, dass immer mehr Einzelheiten aus Fahndungsprotokollen an die Öffentlichkeit gelangen, in deren Augen das Urteil rasch feststeht.

Währenddessen gehen die unter Personalnot leidenden Aufklärer in Aktenbergen mit belastendem Material unter, ohne den rauchen Colt zu finden. Oder sie finden einen, fürchten aber in realistischer Einschätzung der politischen Gesamtzusammenhänge, dass eine Anklage im Gerichtsverfahren nicht standhält.

Als vor zweieinhalb Wochen der Libro-Prozess gegen Andre Rettberg und vier weitere Angeklagte in Wiener Neustadt begann, musste man erst in dunkler Erinnerung nachgraben, worum es dabei gehen könnte, so gut abgelagert war die Materie um den 2002 in Konkurs geschlitterten alten Libro-Konzern. Immerhin, die Anklage lautet auf Untreue, Bilanzfälschung und Betrug.

Das Verfahren gegen Karl Petrikovics wegen Verdachts der Untreue und Bilanzfälschung im Zusammenhang mit dem Firmengeflecht Constantia Privatbank, Immofinanz und Immoeast ist über das Stadium er Ermittlung noch immer nicht hinausgekommen.

Der Banker Julius Meinl V. reist auf freiem Fuß durch die Welt.

Gegen den ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser wird im Zusammenhang mit der Buwog-Privatisierung ermittelt, aber auch dabei gibt es Durchbrüche bestenfalls in der Quotenstatistik des ORF-Fernsehens, wenn Grasser beredt seine Unschuld beteuert. Die Skandale um Hypo-Alpe-Adria und Skylink sind juristisch gesehen noch nicht einmal in der Brutphase.

Die bilderbuchartige Erledigung des Falles Auer-Welsbach kann also nur die Anzahlung gewesen sein. Der Gerichtsapparat wird demonstrieren müssen, dass er auch in politisch

angereicherten Skandalen entweder zum Urteil oder zur Einstellung von Verfahren aus guten Gründen gelangt.

Der Autor ist Sprecher der "Initiative Qualität im Journalismus"; zuvor "Wirtschaftsblatt", "Presse" und "Salzburger Nachrichten".