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Junge Journalistin wird Fall für die Weltpolitik. | Wien. In diesen Tagen dominieren in den US-Nachrichten die Beiträge von und über Roxana Saberi, jener 31-jährigen Journalistin, die seit Ende Jänner im berüchtigten Ewin-Gefängnis in Teheran sitzt. Gerade erst haben Teheran und Washington mit versöhnlichen Tönen versucht, dem 30 Jahre andauernden Stillstand der Beziehungen neuen Atem einzuhauchen. Nun könnte der Fall Saberi Hoffnungen auf einen Neustart im Keim ersticken.
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Wer ist Saberi? Die aus der Stadt Fargo im Osten North Dakotas stammende, vielseitig begabte und fleißige Iran-Expertin ist die Tochter des Exiliraners Reza und der aus Japan stammenden Akiko. An der "Fargo North High School" glänzte sie mit guten Noten und hatte eine Schwäche für das Klavierspielen und Fußball. Auf Drängen einer Dozentin am "Concordia College" in Moorhead im Nachbar-Bundesstaat Minnesota, wo die Jahrgangsbeste ihrer Abschlussklasse ihr Studium (Rundfunkjournalismus, Internationale Beziehungen, Französisch und Farsi) begann, beteiligte sie sich 1997 am Schönheitswettbewerb "Miss North Dakota" und errang prompt Titel und Krönchen.
Nun soll sie, so der Wunsch des weltweit als einer der gnadenlosesten Richter bekannten Teheraner Generalanwalts Saeid Mortazavi, bis 2017 in Haft bleiben: Wegen angeblicher Spionage für den US-Geheimdienst wurde Roxana Saberi in der vergangenen Woche im Eilverfahren von einem hinter verschlossenen Türen tagenden Revolutionsgericht zu acht Jahren Gefängnis verurteilt.
Vor sechs Jahren zog sie nach Teheran und arbeitete zunächst als akkreditierte Journalistin für die BBC und den öffentlich-rechtlichen US-Sender NPR. Sie konzentrierte sich auf Berichte über den Alltag der Perser, die große Politik trat hinter den "kleinen Geschichten" zurück. 2006 wurde ihre Akkreditierung nicht mehr verlängert, sie konnte aber dank ihres iranischen Passes, über den sie neben ihrem US-Pass verfügt, im Iran bleiben und zunächst unbehelligt weiterarbeiten. Zuletzt konzentrierte sie sich auf ihr Buch über das Leben in Iran, das sie 2009 abzuschließen hoffte, um dann in die USA zurückzukehren.
Dazu soll es jetzt nicht mehr kommen: Im Januar wurde sie verhaftet, weil sie auf dem Schwarzmarkt in Teheran eine Flasche Rotwein gekauft hatte. Da wurde ihr vorgeworfen, sie habe ohne Akkreditierung gearbeitet. Am 8. April kam dann die Anklage wegen Spionage hinzu. Zwischen Januar und März durfte Saberi nur zweimal mit ihrer Familie Kontakt aufnehmen. Ihr Vater gibt zudem an, dass seine Tochter auf Anraten und angesichts falscher Versprechungen der Ankläger zugegeben habe, US-Geheimdienste mit sensiblen Informationen versorgt zu haben. Ihr "Geständnis" hat Roxana Saberi nach Angaben ihres Vaters beim Eilverfahren widerrufen. Präsident Barack Obama äußerte die Überzeugung, Saberi habe niemals für US-Geheimdienste gearbeitet.
Was es zu bedeuten hat, dass ausgerechnet Irans Präsident Mahmud Ahmadinejad jetzt eine faire Berufungsverhandlung für die Angeklagte fordert, versuchen derzeit die Kaffeesatzleser in Washington und Teheran zu entschlüsseln. Zum Team der Verteidiger ist, wie in prekären Fällen üblich, auch Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi gestoßen. Ebadi hat Journalisten weltweit aufgerufen, über Saberis Schicksal zu berichten. Mittlerweile reisen aber jene Journalisten, die über die bevorstehende Präsidentschaftswahl berichten wollen, nur noch mit einem mulmigen Gefühl in den Gottesstaat.