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In Cleveland müsste man sein!
In Cleveland singt Limmie Pulliam die männliche Hauptrolle in Giacomo Puccinis "La fanciulla del West" - zwar in einer konzertanten Aufführung, aber immerhin.
In Mitteleuropa singt Limmie Pulliam nicht, schon gar nicht an der Wiener Staatsoper, wo dieser Tenor eher heute als morgen hingehören würde. Das geschieht jedoch nicht. Denn Limmie Pulliam ist nicht nur schwarz, er ist auch schwergewichtig, und das in einem Ausmaß, dass er aufgrund von Body Shaming einige Jahre seine Karriere unterbrach und von Gelegenheitsjobs lebte. Opernhäuser wollten ihn aufgrund seiner Erscheinung nicht engagieren. Was nur konsequent ist in einer Zeit, in der Opern zumeist nur noch inszeniert, aber nicht mehr gesungen werden.
Ähnliches erzählen Sängerinnen: Regisseure und Operndirektoren, die einen Violinschlüssel kaum von einer Suppenschüssel unterscheiden können, verweigern ihnen Engagements aufgrund des physischen Erscheinungsbildes: "Zu dick" heißt es mehr oder weniger direkt. Lieber die mit der Modelfigur engagiert und den Bodybuilder, egal, wie sie phrasieren, egal, ob sie die Töne treffen, Hauptsache, sie schauen gut aus in der Regie. Ob die Regie gut ausschaut, also, ob sie überhaupt annähernd das Stück wiedergibt, ist egal. Hauptsache, dass auch Kritiker, die einen Violinschlüssel für eine Suppenschüssel halten, darüber schreiben können.
Und Limmie Pulliam und seine Schicksalsgefährtinnen und -gefährten tingeln durch die USA.
In Cleveland müsste man sein. . . !