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Anlegerin glaubte, Bausparvertrag zu haben, hatte aber Immo-Aktien erworben.
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Wien. Das rechtliche Match des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) gegen das Finanzberatungsunternehmen AWD ist um eine Facette reicher. Der VKI, der fünf Sammelklagen für 2500 Anleger mit einem Streitwert von rund 40 Millionen Euro gegen den Strukturvertrieb führt, hat mit dem Urteil 5 R 229/11z vor dem Oberlandesgericht (OLG) Wien einen weiteren Etappensieg erzielt.
Im Mittelpunkt der Klage stand der Vorwurf der Falschberatung einer Anlegerin. In diesem Musterverfahren kam das OLG nun zum Schluss, dass die vom AWD-Berater "empfohlene Veranlagung auf ein grob sorgfaltswidriges Verhalten des Beraters zurückzuführen ist". Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die ordentliche Revision beim Obersten Gerichtshof wurde aber nicht zugelassen.
Die Vorgeschichte: Eine Anlegerin investierte von 2005 bis 2007 nach AWD-Beratung "in Wertpapiere" der Immofinanz, der Conwert, der Eco Business und in den Constantia Privatbank European and Property Garant; insgesamt fast 37.000 Euro. Vor Gericht sagte sie aus, sie habe ihr Geld "absolut sicher veranlagen wollen". Der Berater habe ihr die später erworbenen Papiere als "völlig sicher dargestellt" und nicht auf allfällige Risiken und den möglichen Verlust ihres Kapitals hingewiesen. Aufgrund ihrer Unerfahrenheit hatte sie nicht erkennen können, dass die Wertpapiere nicht ihren Wünschen entsprochen hätten, argumentierte VKI-Anwalt Alexander Klauser.
Laut Erstgericht hätte der Berater zum Schluss kommen müssen, dass diese Aktien keine geeignete Anlageform für die Kundin seien. Denn die Anlegerin "sei bis zuletzt davon ausgegangen, einen Bausparvertrag abgeschlossen zu haben". Ihr wurde nun Schadenersatz im Form von einer Rückabwicklung ihres Investments zugesprochen. Denn der AWD ist vor Gericht mit dem Einwand der Verjährung des Anspruchs der Kundin und eines Mitverschuldens der Kundin abgeblitzt.
Nur ein Einzelfall?
Für den AWD, der nun überlegt, ein Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen, ist der Fall ein "Einzelfall", der nicht im Zusammenhang mit den Sammelklagen steht. "Der Fall unterscheidet sich von den restlichen Verfahren nicht nur wegen des singulär gelagerten Sachverhalts, sondern insbesondere wegen der rechtlichen Beurteilung", heißt es vom AWD zu diesem Urteil. "Der vom VKI stets wiederholte Vorwurf einer systematischen Fehlberatung wurde im gegenständlichen Fall seitens des Gerichts folgerichtig als unbeachtlich befunden." Laut OLG Wien musste "die Behauptung der systematischen Fehlberatung nicht geprüft werden", weil diese "für einen Einzelfall irrelevant" sei.
Indes gibt es in den VKI-Sammelklageverfahren vor dem Handelsgericht Wien kaum Bewegung. VKI-Rechtsexperte Peter Kolba beklagt, dass nach drei Jahren noch immer kein mutmaßlich geschädigter Anleger einvernommen wurde. Denn inhaltlich haben sich die Richter mit Sammelklagen gegen den AWD noch nicht befassen können. Die Verfahren ruhen großteils, bis rechtliche Nebenfragen, die der AWD ins Spiel brachte, ausjudiziert sind.
So hatte der AWD erfolglos die Zulassung der Sammelklagen beeinsprucht. Auch die Finanzierung der VKI-Klagen durch den deutschen Prozessfinanzierer Foris AG hält der AWD für unzulässig. In einem mündlichen Urteil wurde auch dieser Querschuss vom Gericht abgewiesen. Doch der Finanzdienstleister gibt sich noch lange nicht geschlagen. Er wird auch in letzterem Fall den Weg zu den Höchstgerichten antreten.