Freund, Feind, Parteifreund - diese Steigerung ist eine üble Denunziation politischer Freundeskreise. Die Koalition gibt die richtige Antwort.
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Das Gute an dieser Regierung ist, dass sie nie um eine entschlossene Demonstration ihrer Geschlossenheit verlegen ist.
Auf dass auch der begriffsstutzigste Landeshauptmann versteht, wie viel die Uhr in Wien geschlagen hat, hat sich die Koalition für die Verhandlungen mit den Ländern über ein Verbot ausufernder Spekulationen mit Steuergeldern etwas Besonderes einfallen lassen. Statt als Bundesregierung den Ländern einfach nur in Gestalt eines obersten Verfassungsorgans der Republik (das andere ist, falls es interessiert, der Bundespräsident) gegenüberzutreten und so schon kraft der eigenen verfassungsrechtlichen Grandezza für schlotternde Knie zwischen Neusiedler- und Bodensee zu sorgen, legt die Koalition noch eins drauf. Die beiden Koalitionäre verdoppeln einfach ihre Autorität, indem sie nach Parteimitgliedschaften getrennt mit den üblen Kasinobetreibern verhandeln: Rote Minister sprechen deshalb mit den roten Ländern und schwarze Minister mit den schwarzen Ländern. Gemäß der ganz eigenen österreichischen Realverfassung ist das nur logisch. Schließlich wurde diese Republik gleich zwei Mal - 1918 und 1945 - von den Parteien gegründet und nicht umgekehrt. (In etlichen Ländern ist es übrigens gang und gäbe, dass sich ein roter Landesrat um rote Gemeinden und ein schwarzer um schwarze kümmert). Für die SPÖ steigen Finanzstaatssekretär Andreas Schieder und Sozialminister Rudolf Hundstorfer in den Ring, aufseiten der ÖVP sind es Finanz-
ministerin Maria Fekter und Wirtschaftsminister Reinhold Mitter-
lehner.
Dass sich die Bundesregierung - in diesem Fall wieder in ihrer Rolle als oberstes Verfassungsorgan - nicht auf eine gemeinsame Verhandlungsstrategie einigen konnte? Geschenkt. Bei den Ländern bestimmt ja derzeit auch noch der Zustand des eigenen Spekulationsportfolios den Standpunkt in der vielstimmigen laufenden Debatte.
Es bleibt allerdings das Geheimnis der beiden Koalitionsparteien, welchen konkreten Erfolg sie sich von ihrer originellen Strategie erwarten. Vor lauter Ehrfurcht wird Michael Häupl eher nicht zur stummen Salzsäule erstarren, wenn die beiden Wiener Parteifreunde Hundstorfer und Schieder auf einen kleinen Schwarzen im Rathaus vorbeischauen. Ähnliches gilt wohl auch für Erwin Pröll. Dem könnte ein Njet zu den Plänen Fekters und Mitterlehners womöglich noch besondere Freude bereiten, schließlich sind beide Oberösterreicher - und mit denen ist der Niederösterreicher in der eigenen Partei bekanntlich nicht sehr eng.
Makropolitisch betrachtet haben die Länder - unabhängig von sachlichen Gesichtspunkten - kein schlechtes Blatt gegenüber dem Bund in der Hand. Im Herbst stehen bekanntlich Neuwahlen an, 183 Abgeordnete müssen dann um ihre Wiederwahl zittern. Sofern sie es überhaupt wieder an wählbarer Stelle auf die Kandidatenliste der Parteien schaffen. Hier sitzen die Landesparteien bekanntlich am längeren Ast. Ob Abgeordnete der Koalitionsfraktionen in so einer Situation wirklich für ein Gesetz stimmen, das dem eigenen Landeshauptmann ganz und gar nicht gefällt?