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OMV will sich mit Gazprom geschäftlich verflechten.
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Wien. Brigitte Ederer ist in "großer Sorge" um den Öl- und Gaskonzern OMV. In einem Interview der Tageszeitung "Der Standard" warnt die frühere SPÖ-Spitzenpolitikerin, ÖIAG-Aufsichtsrätin und nunmehrige ÖBB-Präsidentin vor einem schleichenden Ausverkauf des teilstaatlichen Unternehmens an den russischen Energieriesen Gazprom. Ederer befürchtet, "dass das Öl- und Gasgeschäft à la longue an die Russen geht" und "der Chemiezweig mit Borealis als Ausgleich zur Gänze" an die International Petroleum Investment Company (Ipic), den Staatsfonds von Abu Dhabi. Von der OMV bliebe dann nicht mehr viel übrig.
An Österreichs größtem Unternehmen hält die neue Staatsholding Öbib (vormals ÖIAG) 31,5 Prozent. Gemeinsam mit dem arabischen Syndikatspartner Ipic, der mit 24,9 Prozent beteiligt ist, kontrolliert sie den börsenotierten Wiener Konzern.
Ederer fühlt sich mit Blick auf die OMV an die ebenfalls teilstaatliche Telekom Austria erinnert, wo der mexikanische Mobilfunk-Konzern América Móvil seine Anteile 2014 still und leise auf eine Mehrheit aufstockte und nun das Sagen hat. Grund für Ederers Sorge ist der - von OMV-Neo-Chef Rainer Seele geplante - Sibirien-Deal mit Gazprom. Bei diesem Milliarden-Geschäft geht es für die OMV um eine 24,9-prozentige Beteiligung an dem westsibirischen Öl- und Gasfeld Urengoj, das zu den weltweit größten zählt und künftig gemeinsam mit Gazprom ausgebeutet werden soll.
Urengoj und Nord Stream II
Eine Absichtserklärung für die Kooperation ist heuer bereits besiegelt worden. Cash soll im Zuge des Deals aber keines fließen. Geplant ist stattdessen, dass sich die OMV bei Urengoj einkauft, indem sie den Russen Familiensilber abgibt. Welche Unternehmensteile der als sehr russlandfreundlich geltende Ex-Wintershall-Manager Seele für den Asset-Tausch vorgesehen hat, ist vorerst allerdings ein von beiden Seiten noch streng gehütetes Geheimnis. Erst im Laufe des ersten Halbjahres 2016 soll es gelüftet werden. Derzeit sind OMV und Gazprom damit beschäftigt, die Werthaltigkeit der Tauschobjekte zu studieren.
Selbst dem Eigentümervertreter der Republik, Finanzminister Hans Jörg Schelling, liegen nach eigenem Bekunden noch keine Details zum geplanten Asset-Tausch vor. Unterdessen brodelt die Gerüchteküche: Zuletzt war davon die Rede, dass die OMV-Raffinerien in Schwechat und Burghausen (Bayern) in eigene Gesellschaften eingebracht werden könnten, um den Russen eine Beteiligung zu ermöglichen. Denkbar wäre freilich auch, dass Gazprom an Bord der hochprofitablen OMV-Tochter Gas Connect geholt werden soll. Gas Conncet betreibt hierzulande ein rund 900 Kilometer langes Gasleitungsnetz, bis zu 49 Prozent der Tochter hat Seele im Oktober offiziell zum Verkauf gestellt.
"Alles über die Hintertür"
Eine engere Bindung der OMV an Gazprom gibt es bereits in Form russischer Öl- und Gaslieferungen sowie einer Beteiligung an einem von Gazprom geführten Konsortium für den in der EU umstrittenen Ausbau der Gaspipeline Nord Stream, die zusätzliche Mengen nicht nur nach Europa, sondern auch bis zum Hub nach Baumgarten (NÖ) bringen soll. Über Urengoj und eine direkte Beteiligung der Russen am Geschäft der OMV wäre diese Bindung künftig noch viel stärker.
"Russland hat großes Interesse, in Westeuropa Fuß zu fassen", betont Ederer. "Da ist es nicht notwendig, ihnen eine österreichische Beteiligung noch nachzuschmeißen." Ederer hofft nun, dass Schelling den Deal noch verhindert. Da es keinen Privatisierungsauftrag für die OMV gebe, passiere "das alles über die Hintertür, über Eigentumstausch", so die Kritik der einstigen ÖIAG-Aufsichtsrätin.
Seele spricht derweil in Bezug auf die Großprojekte Urengoj und Nord Stream II von "großen Chancen" für den OMV-Konzern und verteidigt seine Charmeoffensive in Russland. An der EU, die ihre Mitgliedstaaten zu einer Diversifizierung der Energiequellenlieferländer drängt, kritisiert der gebürtige Deutsche, dass sie die Prioritäten falsch setze. "Nur 25 Prozent des europäischen Gasbedarfs stammen aus Russland."