)
ÖVP-Konzept zu Steuerreform noch vor der Wahl 2013. | Griechen-Kredite als geringeres Übel. | "Wiener Zeitung": Unter den 92 Vorhaben, die die Regierung vereinbart hat, findet sich eine Steuerstrukturreform. Was ist darunter zu verstehen? | Maria Fekter: Unser Steuersystem ist zu komplex und zu kompliziert, es ist nicht mehr punktgenau. Auch über eine Reform des Finanzausgleichs wird nachgedacht, etwa dahingehend, dass es eigene Landesabgaben gibt. Alles, was man strukturell im steuerlichen Bereich einer Reform unterziehen kann, soll aufbereitet werden.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Was ist strittig, was nicht? Etwa die Vermögensbesteuerung?
Das werden wir herausfinden. Ich präjudiziere nichts. Ich gehe mit dem Konzept in die Verhandlungen das lautet: weniger, einfacher, leistungsgerechter und die Familien entlasten.
Was bedeutet Familien entlasten? Heißt das Familiensplitting?
Familiensplitting alter Prägung ist retro. Als Frau will ich mich über meine eigene Steuererklärung definieren, nicht über die meines Mannes. Wir haben da modernere Ansätze, wo die Kinder im Vordergrund stehen. Wie das konkret ausschaut, wird erst erarbeitet.
Die Steuerstrukturreform soll bis 2013 kommen. Gibt es auch einen Zeitplan für eine Steuerreform?
Michael Spindelegger hat mich beauftragt, rasch ein Konzept auszuarbeiten. Wir sind jetzt schon in der Ausarbeitungsphase. Zu gegebenem Zeitpunkt werden wir dieses ÖVP-Konzept vorstellen. Das wird mit Sicherheit vor der nächsten Wahl (2013, Anm.) sein.
Was entsteht bei den 92 Punkten an neuen Kosten? Was ist nicht budgetiert?
Gar nichts. Wir haben mit dem Finanzrahmengesetz einen Sparpfad für vier Jahre beschlossen. Die Ressorts haben die Mittel, mit denen sie auskommen müssen. Innerhalb dieses Sparpfads werden diese 92 Punkte umgesetzt.
Schränkt der Finanzrahmen nicht die finanzpolitischen Gestaltungsmöglichkeiten ein? Quasi eine verwalterische statt eine gestalterische Finanzpolitik?
Früher hat man die Budgetzahlen einfach fortgeschrieben. Im Herbst hat man den Budgetposten, der noch da war, schnell ausgegeben, damit er im nächsten Frühling auch wieder da ist. Das ist heute anders. Heute hat das Ressort einen Topf zur Verfügung, innerhalb dessen es Schwerpunkte gibt. Dieser Zuwachs an Gestaltungsmöglichkeit ist fundamental. Noch nicht alle Ressorts können gleich gut damit umgehen, aber alle Ressorts konnten bereits Rücklagen bilden. Das neue Modell hat plötzlich zu wesentlich mehr Effizienz geführt.
Wieso ist bei den 92 Punkten das Pensionssystem nicht erwähnt? Das ist einer der größten Kostenposten.
Weil wir mitten in einem reformatorischen Prozess sind. Im Herbst haben wir Maßnahmen beschlossen, um das faktische Pensionsantrittsalter an das gesetzliche anzunähern. Es ist keine Frage, dass das kommen muss. Wenn es uns gelänge, das faktische Pensionsantrittsalter um ein Jahr zu erhöhen, hätten wir schon ein Nulldefizit.
Geht Ihnen das schnell genug?
Bei den Pensionen denken wir in Zeiträumen von Dekaden. Das, was die Pensionskommission aber vorgeschlagen hat, das Pensionsantrittsalter bis 2030 um neun Monate zu erhöhen, ist mir zu wenig. Die Mutlosigkeit der Pensionskommission ist enorm. Wozu brauchen wir dann die Kommission? Wenn sie so agiert, ist sie entbehrlich.
Sie haben in den Raum gestellt, dass ein Nulldefizit schon 2015 möglich wäre. Wie wichtig ist Ihnen, dass sich das bis dann ausgeht?
Sehr wichtig, weil wir bei Griechenland sehen, dass dieses unfassbare Schuldenmachen einen Staat in den Bankrott treibt. Wir haben keine Euro-Krise, sondern eine Krise mit überschuldeten Staaten. Das im Auge zu behalten, ist mein oberstes Prinzip. Daher gilt es, zuerst den Defizitpfad einzuhalten, dann wirklich darüber nachzudenken, wie wir den Schuldenberg rückführen können.
Bezüglich Griechenland haben viele Österreicher Angst, dass Geld verschenkt wird. Die Opposition, vor allem die FPÖ, schürt diese Ängste. Wie begegnen Sie dem?
Durch Aufklärung über die Fakten. Wir haben bisher 19 Millionen Euro an Zinsen von den Griechen lukriert und noch keinen einzigen Cent verloren. Zweitens durch Widerlegen der falschen Propaganda, etwa dass mit dem Schilling alles besser wäre. Das ist ein Unsinn, weil wir als kleines Land gravierende Wachstumseinbrüche hätten. Dass wir den Staaten, die in der Krise stecken, helfen, halte ich für gerechtfertigt, denn es ist das geringere Übel. Wir verleihen ja das Geld und verschenken es nicht. Die teuerste Variante wäre, diese Länder pleite gehen zu lassen. Das wäre ein finanzielles und soziales Drama.
Maria Fekter (55) ist seit April 2011 ÖVP-Finanzministerin.