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Familienunternehmen im Wandel

Von Andrea Möchel

Wirtschaft
Die Übergabe eines Familienunternehmens will gut geplant sein.
© Fotolia/Rawpixel.com

Die nächste Generation an der Spitze europäischer Familienbetriebe geht neue Wege.


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Wien. Unternehmen in Familienbesitz sind nicht nur das Rückgrat der europäischen Wirtschaft, in Österreich stellen sie sogar die überwiegende Mehrheit der Unternehmen dar - und das trotz Globalisierung, Wirtschaftskrise und chronisch auftretender Probleme bei der Nachfolgeregelung.

"Weltweit ist bei Familienbetrieben nur eine von drei Firmenübergaben an die nächste Generation erfolgreich", bestätigt Mennolt Beelen, Leiter der Abteilung EMEA Family Business des Unternehmensberaters Deloitte. Mit Hilfe von Interviews gingen Beelen und seine Experten der Frage nach, wie die künftigen Chefs europäischer Familienbetriebe ticken.

Zwischen Jänner und März 2016 wurden für den ersten "Next Generation Survey" rund hundert Interviews mit Vertretern der Nachfolgegeneration in Familienbetrieben geführt. Die Interviewten kommen überwiegend aus Europa, darunter auch Österreich. Fast zwei Drittel der Befragten sind jünger als 45 Jahre. Und die Ergebnisse sind eindeutig: In den familiengeführten Firmen stehen die Zeichen auf Wandel.

Neuer Führungsstil

"In den Familienunternehmen weht ein frischer Wind. Die neue Generation will überwiegend neue Wege einschlagen", bestätigt Gottfried Spitzer, Partner bei Deloitte Österreich. "Die größte Herausforderung dabei ist, die richtige Balance zwischen Familienwerten, einer professionellen Nachfolgeplanung und mehr wirtschaftlicher Professionalität zu schaffen." Im Zentrum des Spannungsfeldes zwischen traditionellen Familienwerten und wirtschaftlich notwendigem neuen Denken steht vor allem der künftige Führungsstil. Laut dem Deloitte-Survey zeichnet sich in diesem Bereich ein regelrechter Paradigmenwechsel ab.

So wollen 80 Prozent der Befragten einen völlig neuen Führungsstil etablieren und dabei "viel weniger paternalistisch als ihre Vorgänger" agieren. 56 Prozent der befragten Newcomer planen zudem eine grundlegende strategische Neuausrichtung und mehr als die Hälfte (51 Prozent) sind bereit, größere wirtschaftliche Risiken als ihre Vorgänger einzugehen. Dafür nimmt die neue Generation auch Änderungen in der Unternehmensstruktur in Kauf. So überlegen 40 Prozent, künftig externe Investoren an Bord zu holen, um den Fortbestand des Unternehmens sicherzustellen. "Unsere Interviews haben gezeigt, dass die künftigen Führungskräfte in Spanien, Portugal, Polen und Dänemark offener gegenüber externen Investoren sind, als jene in anderen Ländern", beschreiben die Deloitte-Experten die länderspezifischen Unterschiede.

Wachstum und Innovation gewinnen innerhalb der Unternehmensstrategie ebenfalls an Bedeutung. Die Nachfolger wollen vor allem in die professionelle Expansion investieren. Außerdem wollen die künftigen Firmenchefs verstärkt in Forschung und Entwicklung investieren sowie eine schnellere Einbindung neuer Technologien forcieren. 76 Prozent nennen Innovation als eine der drei höchsten Prioritäten.

Werte weiter pflegen

Mehr als 60 Prozent der Familienmitglieder seien sich der Relevanz auch bewusst, sagen die Befragten, jedoch nur 40 Prozent wären bereit, das damit verbundene potenzielle Risiko einzugehen. Hier wird die nächste Generation offenbar noch viel Überzeugungsarbeit leisten müssen. Als weitere große Herausforderung betrachten die künftigen Chefs die Notwendigkeit, trotz der professionellen Neuausrichtung den Familiencharakter des Unternehmens zu schützen und die Werte der Familie weiter zu pflegen. Auffallend ist allerdings, dass 64 Prozent der befragten Unternehmen über keinen professionellen Managementplan für die Nachfolge verfügen.

"Laut unseren Untersuchungsergebnissen ist es in Familienunternehmen mehrheitlich nicht üblich, eine Nachfolgeplanung schriftlich zu fixieren", fanden die Deloitte-Experten heraus. Gleichzeitig gibt mehr als ein Drittel der Interviewten an, bereits von Kindheit an in der Familie auf die neue Rolle vorbereitet worden zu sein.