Ein Überblick, was genau sich durch das neue Fremdenrechtspaket ändert.
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Noch in diesem Jahr soll ein neues Fremdenrechtspaket in Kraft treten, das ein beschleunigtes Asylverfahren für Personen aus sicheren Herkunftsstaaten vorsieht. Orientiert hat sich Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wohl an Deutschland, wo im November 2014 eine ähnliche Regelung (mit Rückführung binnen vier Wochen) in Kraft getreten ist. In Österreich sollen solche Schnellverfahren künftig nicht länger als zehn Tage dauern.
Welche Staaten gelten als sicher?
Österreichs Liste der sicheren Herkunftsstaaten umfasst zum derzeitigen Zeitpunkt rund 40 Länder: unter anderem den Kosovo, Montenegro und Serbien. Die Balkanstaaten kamen in einer Regelung 2009 dazu.
Im Jahr 2014 stellten 1091 Kosovaren einen Antrag auf Asyl, alleine im Jänner 2015 waren es bereits 1029 Anträge. Derzeit flüchten besonders viele Menschen aus dem Kosovo. Warum bekommen sie keinen Schutz?
Die meisten wollen Armut (45 Prozent leben unter der Armutsgrenze) und Arbeitslosigkeit (mehr als 40 Prozent der Bevölkerung ist arbeitslos) hinter sich lassen. Armut, Arbeitslosigkeit und Hunger gelten jedoch als wirtschaftliche Gründe der Migration. Laut Genfer Flüchtlingskonvention besteht in diesen Fällen kein Asylgrund.
Was bedeutet die Novellierung des Gesetzes?
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl geht davon aus, dass Asylantragsstellern aus sicheren Herkunftsstaaten weder politische Verfolgung noch sonst eine asylrelevante Verfolgung droht oder in dem Land ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt herrscht. Ein Asylantrag sei demnach als unbegründet abzulehnen.
Was genau ändert sich durch die Novelle?
- Neu ist etwa, dass Asylsuchende bei einem erstinstanzlichen negativen Bescheid aus der Grundversorgung (keine Verpflegung und Unterkunft) fallen, wenn das Bundesverwaltungsgericht keine aufschiebende Wirkung bei einem Einspruch zuerkennt. Bisher war die Grundversorgung bis zum zweitinstanzlichen Bescheid gewährleistet.
- In dem Fall kann weiterhin Berufung eingelegt werden. Das Bundesverwaltungsgericht kann einen Aufschub innerhalb einer Woche gewähren, muss aber nicht. Bei Personen aus sicheren Herkunftsstaaten wird der Aufschub in der Regel nicht gewährt. Der Asylsuchende bekommt weder Grundversorgung noch eine Aufenthaltsgenehmigung und kann des Landes verwiesen werden. Die Rückführung oder Abschiebung soll in solchen Fällen schneller über die Bühne gehen.
- Die erstinstanzliche Entscheidung soll binnen zehn Tagen fallen. Besonders bei Asylsuchenden aus sicheren Herkunftsstaaten, da diese Personen wenig Aussicht auf einen positiven Bescheid haben.
Wirkt sich das Fremdenrechtspaket auch auf bereits laufende Asylverfahren aus?
Ja. Auch wenn jemand einige Wochen vor dem Inkrafttreten des Fremdenrechtspakets einen Antrag stellt, wird das Schnellverfahren angewendet. Es soll auch dann zur Anwendung kommen, wenn Asylwerber etwa seit ihrer Antragsstellung eine Straftat begangen haben - sie gelten dann als "Gefahr für die nationale Ordnung oder Sicherheit".
Wann soll das Fremdenrechtspaket voraussichtlich in Kraft treten?
Der Gesetzesentwurf wird voraussichtlich im März im Ministerrat behandelt, das Gesetz könnte Mitte des Jahres ab Juli 2015 in Kraft treten.
Werden durch die neue Regelung weniger Anträge positiv entschieden?
Nein. Es ist nicht erwartbar, dass die Anzahl erstinstanzlich positiv entschiedener Asylbescheide schrumpfen wird. Die Regelung soll nur eine Beschleunigung in der Entscheidungsfindung bewirken. Ein Beispiel: Im Jahr 2013 wurden 14 Asylanträge aus dem Kosovo positiv (709 negativ) entschieden, insgesamt wurden 935 Anträge eingereicht. Aus Serbien stellten im gleichen Zeitraum 211 Personen ein Asylgesuch, nur zwei wurden erstinstanzlich positiv entschieden. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Anzahl der Positivbescheide noch niedriger wird. Der Anspruch auf inhaltliche Prüfungen der Einzelfälle bleibt weiterhin erhalten.
Wie schnell kann es zu einer Abschiebung kommen?
Wenn eine negative Entscheidung vorliegt, geht es erst einmal um die Frage der Rückführung. Die meisten abgewiesenen Personen stimmen der freiwilligen Rückkehr zu. Nur im äußersten Fall kommt es zu einer Abschiebung. Ein konkreter Zeitraum zwischen negativem Bescheid und Datum der Abschiebung lässt sich dabei nicht festlegen.
Sind die sicheren Herkunftsstaaten wirklich sicher?
Welche Staaten als sicher einzustufen sind, bleibt jedem Land selbst überlassen. Ein Beispiel: Österreich etwa setzte den Kosovo auf seine Liste der sicheren Staaten, Deutschland hingegen nicht. Mit Ausnahme von Schweden und Italien nutzen alle EU-Länder die Möglichkeit, Staaten als sichere Herkunftsstaaten einzustufen. Zum Beispiel werden Roma und Sinti in zahlreichen Staaten der EU diskriminiert und müssen unter menschenunwürdigen Verhältnissen leben. Wie auch der in Europa zunehmende Antisemitismus nimmt die Gewalt gegen Roma und Sinti beunruhigende Ausmaße an.
Auch Homosexuelle werden in manchen Ländern nicht nur diskriminiert, sondern verfolgt, mancherorts steht Homosexualität unter Todesstrafe. Unterm Strich gilt jedoch die 1951 verabschiedete Genfer Flüchtlingskonvention. Die Behörden versichern jedoch, jeden Fall einer Einzelprüfung zu unterziehen.
Genfer FlüchtlingskonventionBundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA)