Das Ausseerland war einmal tiefrot, seit den steirischen Gemeinderatswahlen regiert die ÖVP mit absoluter Mehrheit.
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Graz. Das Ausseerland ist derart urig, rustikal und pittoresk, dass es der Illusion von Ländlichkeit mancher Städter schon ziemlich nahekommt. Weshalb sich auch einige von ihnen, denen schon vor dieser Steuerreform sehr, sehr viel Netto vom Brutto blieb, in diese Idylle einkauften. Und zwar in Form eines Zweitwohnsitzes, das idealerweise am Ufer einer der zahlreichen Seen liegt. Die Dichte an Millionären im Ausseerland ist in etwa mit jener von Kitzbühel zu vergleichen.
Diese Entwicklung hat die einst vom Bergbau geprägte Region nachhaltig verändert, und seit diesem Sonntag ist dies auch an den Wahlergebnissen festzumachen. Das einst SPÖ-dominierte Ausseerland ist durch und durch schwarz geworden. In den drei Gemeinden Grundlsee, Altaussee und Bad Aussee wird die Volkspartei künftig mit absoluter Mehrheit regieren, die SPÖ brach komplett ein.
Rätselraten bei SPÖ nachmassiven Verlusten
Johanna Köberl, Bundesrätin in Wien und Vize-Bürgermeisterin von Bad Aussee, liegt das Entsetzen des Wahltages noch in der Stimme, die SPÖ schrumpfte von 45,1 auf 27,7 Prozent. "Das war überhaupt nicht absehbar, auch die ÖVP war überrascht. Jeder hat geglaubt, es wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen", sagt sie. Stattdessen wird die Volkspartei mit knapp 57 Prozent allein regieren.
Am Tag danach können Erklärungen nur Erklärungsversuche sein, zumal eine Wechselstimmung nicht wirklich spürbar war. Die Menschen seien prinzipiell sehr zufrieden, erzählt Köberl, die alle Haushalte besucht hatte. Die Arbeitslosigkeit in der Region ist eine der geringsten in ganz Österreich. "Es hat wohl eine Rolle gespielt, dass ich eine Frau bin, offenbar sind wir noch zu konservativ", sagt sie. Ihre Partei habe zudem den "schweren Fehler" begangen, der ÖVP für die zwei Jahre vor der Wahl das Bürgermeisteramt zu überlassen. "Er hat unsere Projekte weitergeführt und am Ende noch den Bürgermeisterbonus gehabt", sagt Köberl.
Auch Kurt Freller, Ortsparteiobmann der SPÖ in Altaussee, führt die Niederlage seiner Partei (minus 15 Prozentpunkte) darauf zurück, dass die Zusammenarbeit mit der Volkspartei nur dieser genützt habe. "Es war eine Persönlichkeitswahl und der (ÖVP-)Bürgermeister hat einen sehr intensiven Wahlkampf gemacht."
Besonders dramatisch war der Einbruch in der Gemeinde Grundlsee, in der die SPÖ bisher mit absoluter Mehrheit regierte. Am Sonntag drehte sich alles um, die Roten verloren mehr als die Hälfte ihrer Wähler. "Es hat sich schon länger abgezeichnet", sagt Franz Köberl, der erst im Jänner zum Spitzenkandidaten erklärt wurde. Wieder ein Erklärungsversuch: "Die Zeit ist offenbar zu kurz gewesen."
FPÖ gewinnt vor allemin den Städten dazu
Der scheidende Bürgermeister Herbert Brandstätter sei noch ein Garant für hohe Stimmenanteile gewesen, sagt Köberl, doch der Strukturwandel sei wahrnehmbar. "Es spielt sicher eine Rolle, dass die Arbeiter hier aussterben. Die Jungen identifizieren sich auch immer weniger mit dem Bergbau", sagt er.
Und immer weniger Junge können es sich auch leisten, im Ausseerland zu bleiben, die Immobilienpreise sind für sie zu hoch. Anders als in Niederösterreich berechtigt ein Zweitwohnsitz in der Steiermark zwar nicht zur Stimmabgabe bei Gemeinderatswahlen, allerdings hätten sich, so Köberl, inzwischen auch viele Zuzügler im Ausseerland hauptgemeldet. Schleichend kommt es damit zu einem Austausch der Wahlbevölkerung, von dem die SPÖ eher nicht profitiert.
Doch auch anderswo in der Steiermark hat die SPÖ stärker verloren als ihr Partner auf Landesebene, die ÖVP. Das war nicht unbedingt zu erwarten, da etwa von den Gemeindefusionen ÖVP-dominierte Regionen stärker betroffen waren. In Bad Mitterndorf, der Nachbargemeinde von Bad Aussee, landete die Bürgerliste von Fusionsgegner Manfred Ritzinger auch auf Platz eins, allerdings dürften die Gemeindereformen eine nicht so dominante Rolle gespielt haben, wie noch vor ein paar Monaten vermutet wurde. Besonders stark verloren SPÖ und ÖVP in den Städten, wobei auch hier die SPÖ stärker einbrach. In Bruck an der Mur um 14, in Judenburg um 13 Prozentpunkte. Schon bei den Wahlen in Niederösterreich hatte sich in den Städten gezeigt, dass die SPÖ massiver verliert, vor allem zugunsten der FPÖ, die etwa in Kapfenberg 25 Prozent erreichte.
Franz Köberl, Gemeinderat aus Grundlsee, ortet auch in der Landes- und Bundespolitik Gründe dafür, im Wahlkampf hätten die Leute sehr geschimpft. So weit nicht ungewöhnlich. "Aber die ÖVP ist momentan ein bisschen im Aufschwung", sagt Köberl. Ob das bis in die Wahlzelle in Grundlsee zu spüren ist?