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Farce um Präsidentenwahl

Von Martyna Czarnowska

Politik
Auf Präsident Andrzej Duda (r.) konnte sich die PiS-Partei von Jaroslaw Kaczynski (l.) bisher immer verlassen. Im Sejm kamen die Politiker im November noch ohne Masken aus.
© reu/Kacper Pempel

Mitten in der Corona-Krise sollen die Polen am Sonntag ein neues Staatsoberhaupt küren - oder auch nicht. Denn die Bedingungen für den Urnengang waren wenige Tage davor noch unklar.


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Eilig herbeigeführte Parlamentsvoten, Ringen um jede Abgeordnetenstimme, eine hilflose Opposition, eine Wahlbehörde, die sich ihre Kompetenzen schmälern lässt - wenige Tage vor der Präsidentenwahl in Polen könnte die Vorbereitung darauf wie eine Farce wirken. Würde es dabei nicht um die Verletzung demokratischer und rechtsstaatlicher Prinzipien gehen, worauf Kritiker im In- und Ausland hinweisen. Denn kurz vor dem für Sonntag angesetzten Urnengang war nicht einmal klar, ob das Votum tatsächlich stattfinden würde und in welcher Form es organisiert wird - oder ob es überhaupt verschoben wird, vielleicht um zwei Wochen, vielleicht um mehrere Monate. Eine Entscheidung soll bis Donnerstag im Parlament in Warschau fallen.

Während die Corona-Krise in anderen Staaten den Wahlkalender durcheinandergebracht hat, hielt Polens nationalkonservative Regierungspartei PiS (Recht und Gerechtigkeit) bis Anfang dieser Woche am Termin 10. Mai fest. Laut einigen aktuellen Umfragen wäre nicht einmal eine Stichwahl zwei Wochen später nötig: Amtsinhaber Andrzej Duda würde demnach schon in der ersten Runde mehr als die Hälfte der Stimmen erhalten.

Das dürfte denn auch ein gewichtiger Grund für die Fraktion mit Jaroslaw Kaczynski an der Spitze sein, die Wahl zu forcieren. Präsident Duda, der selbst aus den PiS-Reihen stammt, war bisher ein tatkräftiger Unterstützer der Regierungspolitik und hat höchst umstrittene Gesetzesentwürfe - wie etwa zur Justizreform - unterschrieben. In der Corona-Krise konnte er seine Sympathiewerte steigern, so wie auch das Kabinett von Premier Mateusz Morawiecki bei den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie anfänglich auf Unterstützung bei weiten Teilen der Bevölkerung zählen konnte.

Wahlkampf ohne Kampagnen

Auch in Polen wurden Ausgangssperren verhängt, Betriebe sowie Schulen und Universitäten geschlossen, Versammlungen und Veranstaltungen mit mehreren Personen verboten, Grenzkontrollen eingeführt. Oppositionelle, aber ebenso Ärzte warnten davor, dass die Abhaltung einer Wahl in solch einer Situation die Menschen der Gefahr einer Ansteckung mit dem Virus aussetzen würde. Auch internationale Organisationen wie der Europarat oder die OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) wiesen darauf hin, dass keine Kampagnen und Informationsveranstaltungen im herkömmlichen Sinn möglich seien. Die EU-Kommission zeigte sich besorgt.

Die Antwort der Regierungspartei darauf: eine Briefwahl für alle. Da es diese Form der Abstimmung in Polen bisher aber nicht gab, musste eine Wahlrechtsänderung her, die PiS erst vor wenigen Wochen im Sejm, im Unterhaus in Warschau, durchzusetzen begann. Kaczynskis Fraktion ließ sich dabei weder von völlig offenen Fragen nach der Durchführbarkeit und nach Kontrollmechanismen beirren noch vom Rücktritt des Vizepremiers Jaroslaw Gowin, der sich gegen einen Urnengang im Mai wandte. Er steht der Partei Porozumienie (Verständigung) vor, die - wie die rechtskonservative Gruppierung von Justizminister Zbigniew Ziobro - mit PiS eine Koalition bildet. PiS ist auf die Stimmen der anderen angewiesen, um die Mehrheit im Sejm zu haben. Es wird also auch von Gowins Parteikollegen abhängen, ob nun gewählt wird. Eine Abstimmung über die entsprechenden Gesetzesänderungen steht wahrscheinlich am Donnerstag im Sejm an. Der Urnengang könnte auch auf den 17. oder den 23. Mai verschoben werden, denn diese Möglichkeit enthalten die eilends ausgearbeiteten Neuregelungen ebenfalls.

Opposition in der Bredouille

Die Opposition befindet sich nun in der Zwickmühle. Die Forderung nach der Einführung des Ausnahmezustands, in dem keine Wahlen stattfinden dürfen, blieb ungehört. Einen Boykott des Urnengangs, mit dem etwa die Kandidatin der ehemaligen Regierungspartei PO (Bürgerplattform), Malgorzata Kidawa-Blonska, sympathisiert, wollen nicht alle mittragen. Im derzeit tagenden Senat, im Oberhaus, können die oppositionellen Parteien mit ihrer hauchdünnen Mehrheit dort zwar die Wahlrechtsänderungen zurückweisen, was mehrere Ausschüsse bereits empfohlen haben. Doch kann der Sejm sich mit einem weiteren Votum darüber hinwegsetzen.

In der Zwischenzeit wurde mit dem Druck der Stimmzettel begonnen, trotz noch fehlender rechtlicher Grundlage. Die oberste Wahlbehörde protestierte nicht.