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Späte Anordnung strengerer Corona-Regeln für Schulen erzürnt Lehrervertreter. Erlass wurde Dienstag ausgeschickt.
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"Die Verantwortung wird immer dann übergeben, wenn sie selbst nicht weiter wissen." Die Direktorin einer Wiener Volksschule machte Dienstag früh im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" ihrem Unmut über Bildungsminister Heinz Faßmann Luft. Konkret bezog sich das auf die Empfehlung, die Schulen sollten selbst mitten im November über Musikstunden im Freien entscheiden. Eigentlicher Auslöser war aber, dass das Bildungsministerium erst am Sonntagabend und vorerst nur in Form eines Informationsschreibens auch für Volks- und Mittelschulen verschärfte Coronaregeln angekündigt hatte, darunter die Absage von Schulveranstaltungen.
Minister Faßmann war am Dienstag um die Beruhigung aufgebrachter Schulleiter bemüht. Der einschlägige Corona-Erlass sei Dienstagmittag rausgegangen, wurde der "Wiener Zeitung" auf Anfrage in seinem Büro erklärt. Im Laufe des Tages werde auch die noch fehlende Verordnung folgen, wurde versichert. Diese muss grundsätzlich auch mit dem grünen Koalitionspartner, konkret mit Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein, abgestimmt werden.
SPÖ-Bildungssprecherin Petra Vorderwinkler äußerte Unverständnis über die schleppende Vorgangsweise. Der Minister hätte die Aufgabe gehabt, das chronische Regierungsversagen nicht neuerlich an die Schulen zu übertragen, diese würden "wieder völlig alleine gelassen", kritisierte sie.
Unmut bei Eltern
Zunächst waren in der Vorwoche nur für die Schulen in den Bundesländern Nieder- und Oberösterreich sowie Tirol wegen der dort hohen Zahl an Corona-Neuinfektionen strengere Maßnahmen und die FFP2-Maskenpflicht in Oberstufen auch im Unterricht erlassen worden. Nach dem Corona-Gipfel der türkis-grünen Bundesregierung mit den Landeshauptleuten Sonntagmittag gab es am Abend gegen 21 Uhr Post für Direktorinnen und Schulleiter ab der Volksschule. Damit wurden unter anderem Schulveranstaltungen ebenso untersagt wie der Besuch schulfremder Personen in den Schulen.
Die Schulleiter bekamen dann teils den Unmut von Eltern über die kurzfristigen Änderungen zu spüren. In Wien und Niederösterreich war am Montag wegen des Leopoldi-Tages schulfrei. Dort mussten am Dienstag die Anweisungen des Bildungsressorts umgesetzt werden. "Es nervt", beklagte eine Schulleiterin, das sei "Chaos pur", meinte sie angesichts der kurzfristigen Informationen durch die Bildungsverantwortlichen.
Noch dazu war erst vor wenigen Wochen zwischen Faßmann und Lehrergewerkschafter Paul Kimberger, einem Christgewerkschafter, vereinbart worden, dass neue Anweisungen kurzfristig über das Wochenende möglichst vermieden werden sollen. Das war eine Konsequenz, nachdem Direktorinnen und Direktoren massiv beklagt hatten, dass sie viele Corona-Maßnahmen des Ministeriums seit März 2020 zuerst aus den Medien oder erst über das Wochenende erfahren hatten und dann bis zum Unterrichtsbeginnn am Montagfrüh umsetzen und die Lehrer entsprechend einteilen mussten.
Rote Lehrervertreter: Vorgehen "unprofessionell
Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion der Pflichtschullehrer, Thomas Bulant, kritisierte am Dienstagvormittag in einer Aussendung den von der ÖVP gestellten Bildungsminister scharf. Es sei "unfassbar wie lernresistent" Faßmann und der Generalsekretär des Bildungsministeriums, Gerald Netzer, seien. Zum wiederholten Male sei eine Corona-Maßnahme über die Medien angekündigt worden und diese den Bildungsdirektionen der Länder und den Schulleitungen nachträglich via Mail mitgeteilt worden, ohne dass die verfassungsrechtlich erforderliche Verordnung, ein Rundschreiben oder ein Erlass rechtzeitig erarbeitet worden wäre, beklagte Bulant.
Personalvertreter würden nun berichten, dass Schulleiter und Klassenvorstände wegen der "unprofessionellen Umstände beschimpft" würden. Das Vertrauen in die Führung des Bildungsministeriums sei an einem Tiefpunkt angelangt.