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Ein Wahlkampf ohne Bürger und Ideen. Die Politik war mit sich und der Pandemien ganz allein.
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Der ungewöhnlichste Wahlkampf in der jüngeren Geschichte der Republik ist beendet. Die Pandemie hat dazu geführt, dass die Kampagnen der Parteien nur mit einem Minimum an persönlichen Begegnungen auskommen mussten; das ist ein großer Verlust für die demokratische Qualität eines Wahlkampfs - zumal auf kommunaler Ebene. Stadtpolitik ist Alltagsgestaltung, konkret und zum Anfassen. Das gilt für die Themen wie die Politiker.
Auch noch so viele TV-Diskussionen und Interviews können den Verlust persönlicher Begegnung mit den Kandidaten nicht kompensieren. Das bringt neue Themen und Perspektiven. Die "einfachen Bürger" haben oft einen anderen Blick auf "ihre" Stadt als die Politik-Insider, die bei Interviews und TV-Runden die Fragen stellen. Die diversen Perspektiven haben dieses Mal schmerzlich gefehlt.
Dass Corona dominierte, versteht sich trotzdem von selbst. Krisenmanagement wie Hilfsmaßnahmen haben direkte Folgen für alle Bewohner. Davon abgesehen glänzten die Parteien im Hin- und Herschieben der Verantwortung. Und schon bei der Frage, wie die Erfahrungen mit dieser Krise die Stadt, das Zusammenleben, die wirtschaftlichen Strukturen verändern könnten und sicher auch werden, herrschte schulterzuckendes Schweigen.
Der kleine Rest an Aufmerksamkeit, die die Pandemie übrig ließ, beanspruchte der Familienkrieg der Freiheitlichen für sich. An der Schlammschlacht, mit der sich FPÖ und der um sein politisches wie wirtschaftliches Leben kämpfende Heinz-Christian Strache aneinander abarbeiteten, wollte keiner vorbeigehen.
Unterbelichtet und links beziehungsweise rechts liegengelassen wurden dagegen jene Fragen, die das Leben abseits und jenseits der Pandemie bestimmen: Was tun gegen die Probleme im Bereich der Pflichtschulen, wo es vor allem um die Zukunftschancen junger Zuwanderer geht? Wie kann die Stadt von einer nun noch beschleunigten Digitalisierung profitieren? Welche Folgen wird der neue Trend zum Homeoffice für eine Metropole puncto Infrastruktur und Immobilienmarkt haben. Und bei Mega- wie Metathemen Verkehr und Bauen im Zusammenhang mit dem Klimaschutz geben sich die Parteien, als hätten sie bereits auf alle Fragen die richtigen Antworten.
Von einer Debatte mit klaren Alternativen, die jedoch alle zum gleichen Ziel führen, keine Spur. Natürlich auch nicht, was die Dienstleistungsmaschine Stadt für ihre Menschen angeht.
Vielleicht erfahren die Wiener und Wienerinnen ja im Zuge der Koalitionsverhandlungen Konkreteres über die Pläne der Parteien für ihre Stadt. Dieser Wahlkampf hat keine Antworten geliefert.