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Fast die Hälfte der OECD-Länder ist Ramsch

Von WZ-Korrespondent Steffen Klatt

Wirtschaft

Die Schweizer Ratingagentur Inrate beurteilt die Nachhaltigkeit von Staaten.


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Zürich. Die Schweiz und Österreich sind Spitze. Die USA sind dagegen ebenso Ramsch wie Griechenland. Das ist das Ergebnis des Nachhaltigkeitsratings für Staaten, wie sie die Schweizer Agentur Inrate entwickelt hat.

Klassische Ratingagenturen haben bei der Beurteilung von Staaten lange versagt. Die drei Platzhirsche aus den USA - Standard&Poor’s, Moody’s und Fitch - haben vielen Staaten vor der Schuldenkrise gute oder sogar Bestnoten erteilt. Griechenland wurde als gefahrlos eingestuft und musste kaum höhere Zinsen als Deutschland zahlen.

Geht es nach Inrate, muss sich dieses Szenario nicht wiederholen. Sie beurteilt die Güte von Staaten - und damit die Qualität der entsprechenden Staatsanleihen - auf ihre Nachhaltigkeit hin. "Wir gehen von den Aufgaben eines Staates aus", sagt Myriam Steinemann, Analystin von Inrate. Dazu gehört die Sicherung von Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit, aber auch von Wohlstand und der Erhaltung der Lebensgrundlagen. Zuerst untersucht Inrate die institutionellen Rahmenbedingungen: Menschenrechte, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Korruption, aber auch Rüstung und Einhaltung internationaler Verträge.

Kann der Staat seine Aufgaben erfüllen?

Erst wenn die Rahmenbedingungen für diese Nachhaltigkeit gegeben sind, werden Einzelmaßnahmen für eine nachhaltige Entwicklung des jeweiligen Landes betrachtet. Dabei werden Maßnahmen zur Bildung und Gesundheit, zur Sicherheit und zur finanziellen Gerechtigkeit zwischen den Schichten und den Generationen ebenso in Betracht gezogen wie der Anteil erneuerbarer Energien, der Schutz der Biodiversität und des Wassers.

Das Ergebnis: Nur ein gutes Viertel der in der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) vertretenen Industrieländer erhält die Höchstnote A. 15 Prozent erreichen die zweitbeste Note B. Aber 44 Prozent erreichen nur die Note D, also die schlechteste Bewertung. Dazu zählen auch die USA. Die Autoren des Ratings begründen ihre Entscheidung mit mehreren Argumenten. Die Todesstrafe und die Nicht-Unterzeichnung internationaler Abrüstungsabkommen wären laut Steinemann bereits Grund genug, die USA nicht als Investition zu empfehlen. Gleichzeitig wüchsen die Nettoschulden des Landes schneller als die Wirtschaft. Die Einkommensverteilung sei ungleich, die Sicherheit niedrig, die Umweltleistungen unterdurchschnittlich, der CO2-Ausstoß pro Kopf sehr hoch. Inrate rät auch von Griechenland, der Türkei und Mexiko ab.

Österreich mit Top-Note; andere stolpern über CO2

Zu den Staaten mit Bestnote gehören die meisten derer, die auch von den großen Ratingagenturen eine gute Beurteilung erhalten. Das sind unter anderem Deutschland, Österreich und die Schweiz. Ihnen hält Inrate unter anderem zugute, aktiv den Weg der nachhaltigen Entwicklung eingeschlagen zu haben und bei Themen wie Bildung, Gesundheit und Umweltschutz überdurchschnittlich stark zu sein. Auch Norwegen gehört in die Gruppe der Besten. Luxemburg bekommt nur die zweitbeste Note B, weil im Großherzogtum der CO2-Ausstoß besonders hoch ist und der Anteil der erneuerbaren Energien sinkt. Auch Belgien und Kanada erhalten die Note B.

Inrate-Chef Philippe Spicher sieht wachsendes Interesse des Finanzplatzes am Nachhaltigkeitsrating. Jedes Jahr kämen zwei bis drei Kunden hinzu. In der Schweiz nutzten unter anderem die Banken Raiffeisen und Vontobel das Rating. "Nachhaltigkeit interessiert heute nicht mehr nur spezialisierte Anleger", sagt Spicher. Inrate sehe sich aber nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung zu klassischen Agenturen.

Zu den Kunden Inrates gehört die Liechtensteiner Privatbank LGT, die für die Auswahl der Staatsanleihen ihres nachhaltigen Obligationenfonds das Inrate-Rating herangezogen hat.

Russische Anleihen sind dabei wegen der Korruption ausgeschlossen worden, Mexiko wegen der Lage der Menschenrechte. Die konsequente Anwendung des Ratings habe dem Fonds geholfen, eine gute Rendite zu erzielen. Seit dem Start Ende November 2009 seien 25 Prozent erzielt worden, 2011 seien es 8,5 Prozent gewesen.